Neuer
hochschuldidaktischer Ansatz: Die phonographische Methode am Beispiel des
Französischen
Isabelle Kross (Hildesheim)
Abstract
(English)
In this
paper, a new approach which attempts to combine linguistics and language
acquisition and to implement university-specific concepts in a beginner’s class
is presented. The students’ potential (analytical thinking - linguistic knowledge - social skills - teamwork) is in the focus of this new approach. The
phonographic approach presented here aims to achieve a
better transfer between oral and written language. By means of
inductive analysis, learners are able to
identify and implement the phonological characteristics of French, with all the language competencies being developed in
succession.
Key words: Phonographic approach, linguistics, language
teaching, linguistic knowledge, social skills, linguistic competencies
Abstract (Deutsch)
Im Rahmen des
hier vorgestellten, neuen Ansatzes wird der Versuch unternommen, Linguistik und
Fremdsprachenerwerb miteinander zu verknüpfen und hochschulspezifische Konzepte
in einem Anfängerkurs umzusetzen. Dabei gilt es, das Potential - analytisches
Denken, linguistisches Wissen, soziale Kompetenzen und Teamfähigkeit der
Studenten - stärker einzubeziehen bzw. in den Mittelpunkt des Unterrichts zu
rücken. Die in diesem Artikel vorgestellte phonographische Methode zielt darauf
ab, eine bessere Umsetzung zwischen mündlicher und schriftlicher Sprache zu
erzielen. Die phonologischen Besonderheiten des Französischen werden durch die
induktive Analyse der Lernenden gemeinsam ermittelt und umgesetzt; dabei werden
alle Sprachkompetenzen nacheinander entwickelt.
Stichwörter: Phonographische
Methode, Linguistik, Fremdsprachenerwerb, linguistisches Wissen, soziale
Kompetenzen, Sprachkompetenzen
1 Vorbemerkung
Problemorientiertes Lernen, Fallstudien, aufgabenorientiertes Lernen -
all diese Konzepte haben sich in der Hochschuldidaktik bereits bewährt. Ihre
Anwendung ist in vielen Bereichen und Fächern bekannt, unter anderem in Sprach-
und Fachsprachenkursen, aber bisweilen nur für höhere Sprachniveaus vorgesehen.
In Anfängerkursen werden Lehrwerke, die ihrerseits bisweilen größere Mängel
aufweisen, nicht selten als einziges Unterrichtsmaterial eingesetzt:
[...] les
manuels ont de gros défauts. Ils empêchent de travailler. Ils font des
enseignants, et souvent des apprenants aussi, de simples exécutants,
répétiteurs, dépendants d’un outil et non concepteurs d’un enseignement ou d’un
apprentissage appropriés. (Blanchet
2005-2006: 12)
Die Lehrwerke richten sich nach dem Gemeinsamen Europäischen
Referenzrahmen (GER) und bieten ab der ersten Lektion alle zu erlernenden
Kompetenzen gleichzeitig an. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob
die Lernenden nicht überfordert werden, wenn sie so viele Reize (visuelle und
auditive) und Informationen (phonetische, lexikalische, syntaktische und
grammatische) gleichzeitig verarbeiten und umsetzen müssen? Die Lernziele der
verschiedenen Niveaustufen sind zwar genau definiert, aber der Lernweg
unterliegt keinerlei Einschränkungen: Simultanität der Kompetenzen beim
Erlernen einer Fremdsprache ist dementsprechend kein Diktat.
Die nachfolgende Methode zielt darauf ab, einerseits die Reiz- und
Informationsflut zu minimieren, indem die verschiedenen Kompetenzen linear
eingeführt werden, und andererseits die Lernenden wieder in den Mittelpunkt zu
rücken, sich auf ihre Bedürfnisse zu konzentrieren[1] und
ihr Potential - analytisches Denken, passives und aktives Wissen, soziale
Kompetenzen und Teamfähigkeit - stärker in den Unterricht zu intergrieren und
zugleich ihre Schlüsselkompetenzen zu
fördern.
2 Theoretischer
Ansatz
Schrift und Aussprache sind im Französischen nicht kongruent. Da das
visuelle Bild nicht dem akustischen entspricht, entstehen typische
Anfängerfehler - sowohl in der Orthographie, als auch auf der phonetischen
Ebene:
N’oubliez
pas qu’il est difficile de redresser de mauvaises habitudes de prononciation,
qui peuvent même entraver les connaissances en grammaire et en vocabulaire. (Mordellet-Roggenbuck 2005: 17)
Ohne fundierte Kenntnisse der Fremdsprache wird das neu Erlernte mit
der muttersprachlichen Aussprache versehen und so abgespeichert (Debrock 1993:
111); ebenso wird die französische Aussprache mit einer muttersprachlichen
Schreibweise in Verbindung gebracht. Billières beschreibt dieses Phänomen als surdité
phonologique[2].
Die Frage lautet nun: Wie kann man den Zugriff auf das muttersprachliche
Modell umgehen? Welche Hilfestellung kann man den Lernenden geben, um Ihnen den
Übergang zwischen mündlicher und schriftlicher Sprache zu erleichtern? Die im
Folgenden dargestellte Methode basiert auf einem akustischen und einem
phonetischen Zugang zur Sprache. Dabei wird auf die visuelle Dimension - also
jegliche Art schriftlicher Dokumente - verzichtet, um die
‚Sprachjungfräulichkeit‘ der Lernenden aufrecht zu erhalten[3] und,
weil das geschriebene Wort eine trügerische Sicherheit bietet, wie Rivenc 2000
bereits vermerkt hat:
Les phrases
écrites qui lui apportent au début une trompeuse sécurité, deviennent vite des
béquilles dont l’élève ne peut plus se séparer, et qui l’empêchent de courir bien
plus qu’elles ne le soutiennent. (Rivenc 2000: 28)
Das Ziel, Phonie und Graphie miteinander zu verbinden - und nicht beide
Systeme unabhängig voneinander zu behandeln -, wird mittels der Phonologie
erreicht. Phonologische Merkmale sind nicht nur für die richtige Aussprache von
Bedeutung, sondern auch für die richtige graphische Äquivalenz. Dabei bedient
sich die phonographische Methode der Phonologie, um eine Brücke zwischen
mündlicher und schriftlicher Sprache herzustellen:
Im Gegensatz zur verbo-tonalen Methode, die sich gegen die
Intellektualisierung der Materie ausspricht (Billières 1999: 193), wird bei der
phonographischen Methode der Lernende – mit dem Ziel, die richtige Umsetzung
beim Lesen und Schreiben zu optimieren - dahin geleitet, sich das phonologische
Regelwerk anzueignen[4],
ohne auf muttersprachliche Muster zurückzugreifen. Zu dem Wie wird das Warum
hinzugefügt, um relevante Unterschiede nicht nur kognitiv zu verarbeiten,
sondern sie auch verbal zu äußern und mit Erläuterungen zu versehen. Allein
durch Hören und Wiederholen können Sprachmuster nicht generiert werden; es
bedarf zur Erlangung neuer Erkenntnisse vielmehr zusätzlicher Hilfestellung.
Für die Studenten ist die französische Sprache die zweite oder die dritte
Fremdsprache, daher bringen sie ein linguistisches Vorwissen mit - dessen
Potential sie sich oft nicht bewusst sind. In dem hier vorgestellten Kurs
lernen sie, dieses passive Wissen zu erkennen (positives psychologisches
Moment) und einzusetzen (Hüther 2006). Durch analytische Beobachtungen sollen
sie Charakteristiken des phonologischen Systems der französischen Sprache
herausfinden und durch Induktion die Regel ermitteln, und diese später durch
Deduktion auf andere Fälle übertragen:
Im Hinblick auf das Lernen in der
Schule oder an der Universität folgt, dass es nicht darum gehen kann,
stumpfsinnig Regeln auswendig zu lernen. Was Kinder brauchen, sind Beispiele.
Sehr viele Beispiele und wenn möglich die richtigen und guten Beispiele. Auf
die Regeln kommen sie dann schon selbst. (Spitzer 2007: 78)
Die im vorliegenden Beitrag vorgestellte Methode geht einen Schritt
weiter als Spitzers Darstellung. Da die Adressatengruppe nicht Schüler, sondern
Studenten sind, sind sie in der Lage, ihre kognitiven Erfahrungen zu
katalysieren und zu analysieren und durch ein heuristisches Verfahren zu einer
Lösung zu kommen[5]:
Die Analyse bringt drei Vorteile mit sich, die den Lernprozess fördern.
Erstens findet dank der Selbstermittlung der Informationen eine bessere
Verankerung im Gedächtnis statt, zweitens entsteht durch das ‚Aha‘-Erlebnis ein
positives psychologisches Moment, das die Motivation erhöht (Hüther 2011), und
drittens führt die geringe Anzahl von Fehlersituationen zu Zeitersparnis und
Frustationsabbau.
Die Methode beschränkt sich am Anfang auf die Fertigkeiten Hören
und Aussprechen. Diese Konzentration auf zwei Fertigkeiten gibt den
Lernenden Sicherheit[6]. Die
anderen Kompetenzen (Sprechen, Lesen, Schreiben) werden nach und nach
eingeführt. Diese Linearität im Lernprozess bedeutet nicht unbedingt, der
mündlichen Kommunikation den Vorrang zu geben, sondern zielt darauf ab, mittels
phonetischer und phonologischer Instrumente das Erlernte auf die Schriftsprache
zu übertragen.
Zudem wird in der Methode auf jegliche Art visueller und auditiver
Dokumente (bis auf die Einführung in die Prosodie[7])
verzichtet, um Interferenzen[8] und
Reizüberflutung zu minimieren. Dieser minimalistische Ansatz zielt darauf ab,
das Kurzzeitgedächtnis der Lernenden nicht permanent zu überfordern. Bezogen
auf die Prosodie sind Semantik und Intonation keine symbiotische Mischung beim
Erlernen einer Fremdsprache, wie Billières zu Recht feststellt (vgl. In: Renard
2002: 59). Daher werden Prosodie, Gestik und Mimik in den ersten
Unterrichtseinheiten eingesetzt, wenn die Suche nach der semantischen Deutung
noch keinen Sinn ergibt. Mit dem prosodischen Bewusstsein haben die Lernenden
eine Kompetenz erlangt, die das Sprechen vereinfacht und sie sogleich
motiviert; auf diese Weise wird einen Lernprozess in Gang gesetzt.
In didaktischer Perspektive ist dieser Zugang in zweierlei Hinsicht
sinnvoll, da verschiedene Gehirnareale angesprochen werden - einerseits durch
die sprachwissenschaftliche Analyse und andererseits durch das spielerische
Element[9], was
sowohl die Motivation als auch die Entstehung der Gruppendynamik erhöht.
Weiterhin ist die Methode hilfreich, um Anfängerfehler zu vermeiden und
folgende Kompetenzen zu entwickeln:
- das Hörverstehen (prosodische Übungen)
- eine exakte Aussprache (phonetische und phonologische Regeln)
- eine bessere Übertragbarkeit auf die Orthographie (phonologische Regeln) und
- die Lesefertigkeit (phonologische Regeln).
Das entspechende Schaubild dient dazu, die Merkmale der phonographischen
Methode zu resümieren (Abb 3).
3
Didaktischer Ansatz
3.1 Rahmenbedingungen
Die Adressatengruppe für die dargestellte Methode besteht aus
Erwachsenen[10],
und in diesem Fall aus Hörern aller
Fachbereiche. Die Erfahrung zeigt, dass für die dargestellte Methode ein
Intensivkurs besser geeignet ist als ein durchlaufender Semesterkurs mit 2 SWS.
Trotz der relativ hohen Zahl von sechs bzw. acht Unterrichtseinheiten pro Tag
kommt keine Langeweile auf und die Studenten bleiben konzentriert, wenn das
Lernziel und die Methodik am Anfang klar definiert werden. Die Teilnehmer
nehmen in der Regel das Lernabenteuer gern an, sich einzig und allein auf ihr
Gehör zu verlassen. Interaktivität sollte den Kurs unbedingt prägen, wobei der
Kursleiter am Anfang eine reine Moderatorenrolle übernimmt. Seine Aufgabe
besteht darin, die Teilnehmer zu begleiten und zu unterstützen und
gegebenenfalls die nötige Hilfestellung bei der Synthese zu geben. Weiterhin
sollte hier nicht der Eindruck entstehen, es handele sich um einen rein
sprachwissenschaftlichen Unterricht. Wie auch De Vriendt (in Renard 2002: 252)
dargestellt hat, erlangen die Lernenden bereits nach 15 bis 20
Unterrichtstunden - also der Hälfte des Kurses - ein phonetisches und
phonologisches Bewusstsein.
Da die Gruppen nicht nur aus deutschen Studenten bestehen, können zwei Transkriptionsarten parallel oder ergänzend als Hilfsmittel eingesetzt werden:
- Das phonetische Alphabet[11] oder auch
- Die Äquivalenz mit deutschen Phonemen (Beispiel: fr. /ou/ => dt. /u/).
3.2 Kurspräsentation
Neben der Kurspräsentation bedarf es einer kleinen Einführung in das
Französische, die darauf abzielt, die nicht-isomorphe Struktur der
französischen Sprache verständlich zu machen. Da die Reziprozität zwischen der
mündlichen und der schriftlichen Sprache nicht gegeben ist, werden die
Teilnehmer gebeten, sich zuerst mit der mündlichen Sprache zu beschäftigen[12], um
zu erreichen, dass sie sich das akustische und phonetische Bild der Wörter
einprägen (Debrock 1993: 12), bevor sie sich dem graphischen Bild zuwenden.
Außerdem sollten Lernende, deren Muttersprache zahlreiche Sprachvarianten und
wenige Homophone kennt - wie z.B. das Deutsche -, dahingehend sensibilisiert
werden, dass nur die korrekte Aussprache der Laute eine einwandfreie
Kommunikation auf Französisch gewährleistet. Ohne den Unterschied zwischen
Lauten und Phonemen erläutern zu müssen, bedient man sich einiger deutscher
Beispiele und danach einiger französischer Beispiele, wie etwa:
Auf diese Weise stehen die Unterschiede im Mittelpunkt der Betrachtung
und nicht die Gemeinsamkeiten. Es ist trügerisch zu glauben, die
Gemeinsamkeiten würden den Lernenden Sicherheit geben; sie wiegen sie hingegen
nur in Sicherheit, bis sie selbst mehr und mehr Unterschiede feststellen und
dann verunsichert werden. Wenn Unterschiedlichkeit generisch betrachtet wird,
ist diese für den Lernenden eine feste Größe, mit der er umgehen kann. Hinzu
kommt, dass durch diesen Ansatz die Chance besteht, dass die Lernenden nicht
automatisch auf ihre muttersprachlichen Muster zurückgreifen, die – bedingt
durch die generelle Unterschiedlichkeit - keine Hilfestellung mehr bieten.
Dieser Automatismus bleibt wirksam, wenn die Gemeinsamkeiten im Vordergrund
stehen. Aus der Schule wissen die Lernenden, dass jede Sprache ihre eigene
Lexik, Grammatik und ihre eigene Syntax hat. Es geht also darum, die
Unterschiede in den Sprachsystemen – der Prosodie, der Phonetik und der
Phonologie - aufzuzeigen. Daraus resultieren die Erwartungen und Vorstellungen
vom Unterrichtsverlauf:
3.3 Prosodie und Gestik
Der erste Kontakt mit dem
Französischen sollte eine Übung sein, die dazu dient, die Prosodie der Sprache
(Melodie, Rhythmus, Intonation, Aussage und Fragestellung, Akzentsetzung,
Intentionswiedergabe durch die Betonung) zu erforschen, bzw. ein prosodisches
Bewusstsein bei den Teilnehmern zu entwickeln[13].
Hierzu ein methodisches Beispiel:
Mittel: Auszüge aus
Videos (für Gestik und Mimik)[14]
Auszüge
aus Radiosendungen oder von Audio-CDs[15]
Analyse: komparative
Analyse[16]
Lernziel: ► Unterschiedliche Gestik und
Mimik
►
Verkettung der Satzelemente[17]
► Keine phonetische
Wortgrenze – sondern Silbentrennung
KV-KV-KV [18]
► Keine Wortbetonung
sondern Segment/Satzbetonung
► Intonationsänderung (z.B.Fragestellung, Intentionen
des Sprechers)
3.4 Phonetik und Phonologie
Um die Teilnehmer in die Phonetik einzuführen, bedarf es einer Liste
von Lauten. Dafür ist es sinnvoll auf deren Kenntnisse zurückzugreifen; jeder
kennt ein paar französische Wörter oder französische Lehnwörter. So entsteht
ein Tafelbild mit Wörtern (Abb. 6), die die Teilnehmer bereits kennen und
zumeist richtig aussprechen[19].
Die verschiedenen Phoneme und Grapheme werden im weiteren Verlauf
analysiert; dies erfolgt in alphabetischer Reihenfolge, durch die Analyse[20] der
gemeinsamen Merkmale oder die Analyse der einzelnen Wörter.
Beispiel für die
Analyse der gemeinsamen Merkmale
Ø Endkonsonanten werden nicht ausgesprochen:
Très – bien – deux – Paris – etc.
Ø Das ‘e’ als Endvokal wird nicht ausgesprochen:
Ø O+U ergibt [u]:
amour – bonjour – vous – Tour – etc.
3.5 Übungen
Nach der analytischen Phase werden einzelne Laute beziehungsweise
Wörter zusammen im Chor (die Augen sollten geschlossen bleiben, um die
Konzentration und Merkfähigkeit zu steigern) gesprochen und einzeln geübt[21]. Die
jeweiligen Laute werden mit einer übertriebenen Mimik vorgesprochen. Die
Lernenden, die den Unterschied hören, machen eine Selbstanalyse, um dann den
Anderen bei der richtigen Artikulation zu helfen; hinzu kommen verbo-tonale
Übungen (Renard 2002). Es wird immer solange wiederholt, bis die Teilnehmer
sich mit dem jeweils neuen Laut vertraut gemacht haben. Zwischendurch können
auch Übungen im Medienraum, die sich auf das im Klassenraum Erlernte beziehen,
eingebaut werden[22].
Die einzelnen Übungsphasen sind:
- Einüben der Vokale, Konsonanten und Halbvokale
- Einüben der Bindungen
- Einüben der schriftlichen Produktion[23].
Neben der Analyse werden diskursive Einheiten[24] in
den Unterricht eingebettet; dies geschieht zuerst ohne syntaktische Analyse –
es sei denn, die Teilnehmer verlangen danach[25]. Nach
der verbo-tonalen Methode sollte versucht werden, nur wenige Silben in einer
Einheit zu üben[26].
Durch die Wiederholung prägt sich das phonetische Bild ein, ein Niederschreiben
wird so vermieden[27]. Hier
einige Beispiele:
-
Je suis Madame Kross, et vous ? - Moi,
je m’appelle Isabelle, et toi ?
-
J’habite à …. et lui ? - J’ai
24 ans et toi ?
-
Aucune idée! - Désolé, je ne sais pas.
-
Ça s’épelle comment ? - etc.
Die Erfahrung – durch Evaluationen - hat gezeigt, dass die Teilnehmer
aus Angst, sich eine falsche Aussprache anzueignen, es als sinnvoller erachten,
Dialoge gemeinsam in der Gruppe zu üben als zu zweit, da die sofortige
Korrektur nur hier erfolgt. Zudem empfinden sie das Wiederholen des gleichen
Dialoges mit der gesamten Gruppe keineswegs - wie vermutet - als langweilig,
sondern als bereichernd, weil es einprägsamer ist[28].
In einer weiteren Phase geht es darum, die Verbindung zwischen
Phonologie und Orthographie zu überprüfen. Dazu werden kleine schriftliche
Aufgaben und Leseübungen (einzelne Wörter bis hin zu kurzen Sätzen) eingebaut;
Schreibübungen wie Diktate und selbst erarbeitete Texte werden zum Ende des
Kurses hinzugefügt. Alle Übungen werden zu zweit vor- oder nachanalysiert und
in einer Brainstorming-Phase erörtert. Neben Wiederholungen, Analysen und
Sprechakten werden Spiele und Übungen aus der suggestopädischen Methode
eingebaut[29].
4 Phonetische und phonologische Inhalte am Beispiel der Nasallaute
Im Folgenden handelt es sich nicht um eine linguistische Abhandlung, sondern
lediglich um einige Anmerkungen bezüglich der Aussprache von Lauten und
hinsichtlich phonologischer Regeln. Alles Wissenswerte über die theoretische
Grundlage kann in der einschlägigen Literatur, wie etwa den Nachschlagewerken
von Mordellet-Roggenbuck (2005) und von Girard/Lyche (2005) nachgeschlagen
werden.
Phonetische und phonologische Inhalte der phonologischen Methode sind:
- Phoneme : Vokale, Konsonanten, Halbvokale, Nasallaute
- Phonemische und graphische Distribution
- Kombinatorische Distribution bestimmter Graphemen wie etwa: s, c, g, e, n
- Endkonsonant und Endvokal
- Bindung und Elision
- Zahlen
Beispiel:
Die Nasallaute
Viele nicht-frankophone Sprecher
haben grundsätzlich Schwierigkeiten mir den Nasallauten des Französischen;
deutsche Lernende bilden hier keine Ausnahme. Deswegen
sollte man sich eingehend mit dieser Problematik beschäftigen. Da sich die
Diskriminierung zwischen [ɔ̃]. und [ɑ̃] als schwierig erweist, wird hier der
Unterschied der Öffnung des Mundes übertrieben. Bei [ɔ̃] bildet der Mund eine schmale runde Öffnung,
während bei [ɑ̃] der
Mund vertikal weit geöffnet wird. Diese Laute müssen wiederum von [ɛ̃][30]
unterschieden werden; bei diesem nasalierten Vokal wird der Mund horizontal
weit geöffnet, so dass die Zähne zu sehen sind[31].
[ɔ̃] Mundstellung =>
o
[ɑ̃] =>
[ɛ̃] =>
Danach suchen die Lernenden die
graphischen Kombinationen und formulieren die Regeln:
[ɔ̃] => nur mit o + n/m
[ɑ̃] => nur
mit a/e + n/m
[ɛ̃] => alle anderen Kombinationen von Vokalen
(bei /i/u/y/-Verbindung
von zwei Vokalen (wie bei bien) + n/m)
Weiterhin werden Beispiele für die Phänomene der Nasalisierung und
Denasalisierung und ihre problematische Umsetzung bei der Bindung analysiert:
- Nasalisierung: un
/ in-téressant
- Denasalisierung u-ne / i-nactif
- Bindung bo-na-mi / on-ny-va
Problematisch für Germanophone ist nicht der Unterschied Oral/Nasal
sondern die kombinatorische Distribution. Hier geht es wieder einmal darum, die
Silbenstruktur zu üben, um einen Hiatus beziehungsweise die Denasalierung zu
verhindern, wie zum Beispiel bei: une université / un individu.
5 Abschließende Bemerkungen
Die oben dargestellte Methode hat erwiesen, dass sowohl sprachliche
Kompetenzen als auch Schlüsselkompetenzen, die die Teilnehmer in dem beschriebenen
Kurs erwerben, eine breite Basis liefern, um den Lernprozess unter guten
Bedingungen fortzusetzen. Sie lernen ohne größere linguistische Vorkenntnisse,
Form und Struktur einer Sprache zu analysieren, ohne Angst vor Fehlern zu
kommunizieren und flüssig zu sprechen. Folgende Kompetenzen werden dabei
erworben:
- Sprechen in diskursiven Einheiten,
- Nachfragen,
- Mitteilen, dass man etwas nicht verstanden hat,
- Fragen stellen,
- Innerhalb des erlernten Vokabelspektrums bestimmte Fragen verstehen und darauf antworten,
- Texte lesen, ohne unbedingt den ganzen Inhalt zu verstehen,
- Diktate schreiben, ohne alle Vokabeln zu kennen (erstaunlicherweise mit minimaler Fehlerquote),
- Anfertigen kurzer Texte innerhalb des erlernten Vokabelspektrums.
Zur Kursatmosphäre sei hier noch eine letzte Anmerkung gemacht: Durch
die außergewöhnliche Form des Kurses entstehen viele Situationen, in denen
gelacht wird. In der neurobiologischen Forschung wurde herausgefunden, dass
dann, wenn es um Aufmerksamkeits-, Lern- und Zeitverarbeitungsprozesse geht,
eine heitere Stimmung zu Spaß am Lernen und Spaß beim Lernen
führt; der Gehirnforscher Spitzer stellte bereits fest, dass: „je bunter und
bewegter, je lustiger und spielähnlicher, je interaktiver und lebhaltiger diese
zu lernenden Inhalte dargeboten würden, desto besser würde gelernt.“ (Spitzer
2007: 2). Hinzu kommt, dass das Lachen ein Ventil für die Nervosität ist, die
durch die Konzentration über einen längeren Zeitraum entsteht. Dementsprechend
stärkt das Lachen nicht nur die Gruppendynamik und die Motivation, sondern es
fördert insbesondere den Lernprozess.
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[1] Um erfolgreich Erasmusaufenhalt,
Praktikum, Studium oder Einstieg ins Arbeitsleben im Ausland zu absolvieren,
brauchen die Studenten fundierte Kenntnisse sowohl in der mündlichen, als auch
und insbesondere in der schriftlichen Sprache (Kross 2011: 28f).
[2] Für die Definition siehe
Billières 2005: 2.
[3] Rivenc (2000: 89) spricht
sich in diesem Zusammenhang ebenfalls für eine prosodische und phonetische
Dekodierung am Anfang des Fremdsprachenerwerbs aus.
[4] Die Verbo-tonale Methode
umfasst nicht phonologische Elemente (Murillo Puyal 2002: 286).
[5] Dadurch wird das illokutive
Paradoxon des Unterrichts unterbrochen, eine reelle Diskussionssituation
entsteht.
[6] Bei einem zu großen Angebot
wird das Gefühl, keinerlei Fertigkeiten zu beherrschen, rasch als demotivierend
und zugleich destabilisierend empfunden.
[7] Der Einsatz von Medien ist
für die Prosodie und für kulturelle Unterschiede bezogen auf Gestik und Mimik
sinnvoll (siehe 2.3. Prosodie und Gestik).
[8] Nach neuen Erkenntnissen der
Neurologie können Informationen verfälscht werden, wenn verschiedene Sinne
miteinander kombiniert werden: „auf eine allgemeine Formel gebracht: Der besser
geeignete Sinn setzt sich jeweils durch“ (Schönhammer 2009: 226f).
[9] Ziel dieses Beitrages ist es,
die Theorie und die darauf basierende Methode zu erörtern; die
Unterrichtspraxis steht nicht im Vordergrund. Für eine grobe Darstellung des
Unterrichtsablaufs siehe Fussnote 30.
[10] Ob
diese Methode für Schüler genauso erfolgreich sein kann, kann in diesem
Zusammenhang nicht beantwortet werden.
[11] Viele ausländische Studenten
kennen bereits das phonetische Alphabet und für diejenigen, die es noch nicht
kennen, ist es in der Regel ein willkommener Wissenszugewinn.
[12] Den Sprachvarianten der deutschen Sprache stehen die verschiedenen
Sprachenniveaus des gesprochenen Französisch gegenüber, die mit Beispielen wie Je ne sais pas bis hin zu ‚ /ʃepa/
verdeutlicht werden können.
[13] Siehe hierzu auch Lhote
(2001).
[14] Kinesische Elemente können nur
visuell wahrgenommen werden, daher ist der Einsatz von zu diesem Zweck sinnvoll.
[15] Bei der Audiokassette ist es
genau umgekehrt. Da nichts Visuelles wahrgenommen werden kann, konzentriert
sich der Lernende auf die supra-segmentalen Elemente und, da er noch keinerlei
semantische oder syntaktische Anhaltspunkte hat, kann er seine volle
Aufmerksamkeit auf die Prosodie und nicht auf den Sinn lenken (Velčikova 2007:
5).
[16] Vgl. hierzu auch Renard
(2002:163ff) und Rasier & Hiligsmann (2007).
[17] Die Verkettung als Sinneinheit
zu erfahren, heißt die Wortgrenzen zu überwinden, um nicht nur das Sprechen,
sondern auch das Verstehen zu optimieren. Es soll noch angemerkt werden, dass
die erste Übung für deutschsprachige Lernende darin besteht, die Aspiration
beziehungsweise die Betonung der ersten Silbe wegzulassen, um eine flüssige
Aussprache der K-V-K-V zu gewährleisten.
[18] Um den Unterschied zwischen
Semem / Morphem und Silbentrennung bildlich darzulegen, spricht man deutsche
Wörter französisch aus, wie z.B. [lotoflaxən]
ergibt: laut/auf/lachen. Als Übung können die Teilnehmer ihren Namen
französisch aussprechen.
[19] Lehnwörter wie élégant, restaurant und croissant bilden da eine Ausnahme und
ein Beispiel zugleich für eine komparative Analyse.
[20] Die Analyse sollte stets durch
die Teilnehmer erfolgen. Der Dozent sollte lediglich Ergänzungen -wie zum Beispiel Ausnahmefälle - hinzufügen,
und / oder alle Beobachtungen in Regeln formulieren.
[21] Die Übungshefte von Léon
(1964) und Abry & Chalaron (2010) bieten viele kleine Sätze zur Einübung
konsonantischer und vokalischer Verkettungen an.
[22] Im Internet befinden sich
zahlreiche Plattformen mit Angeboten an phonetischen Übungen, wie zum Beispiel:
http://phonetique.free.fr.
[23] Spiele am Bildschirm sind eine
sehr motivierende Übung, um das Erlernte zu überprüfen und zu festigen, da aber
die Metasprache das Französische ist, sollten diese nicht zu früh eingeführt
werden.
[24] Die Einheiten entsprechen den
Inhalten der gängigen Lehrwerke.
[25] Die Erfahrung zeigt, dass erst
dann, wenn bestimmte Vorgaben verinnerlicht worden sind, das Verlangen nach
mehr Informationen entsteht, die dann ohne Überforderung verarbeitet werden
können.
[26] Lernende sind in der Lage,
Sprechakte bis zu vier Silben zu memorieren und problemlos wiederzugeben
(Billières 1999:189).
[27] Dies geschieht erst im zweiten
Teil des Kurses, wenn Lese- und Schreibübungen eingeführt werden.
[28] Wenn die nonverbalen Elemente
(Prosodie, Mimik und Gestik) verinnerlicht worden sind, enstehen aus Dialogen
unterschiedliche Aussagen, die die Gruppe zum Lachen bringen und somit den
Unterrichtsalltag kurzweilig gestalten.
[29] Jeder Unterrichtstag ist so
strukturiert, dass es Entspannungsmomente gibt – im Allgemeinen kurz vor der
Mittagspause und am Schluss -, in denen wiederholt wird, was gelernt worden ist
(die Lernenden haben eine entspannte Haltung eingenommen, dabei sind die Augen
geschlossen). Es gibt auch Momente der Konzentrationswiederaufnahme – im
allgemein nach der Vormittags- und Mittagspause, die immer mit Bewegungen
einhergehen (Präsentationssimulation, Gymnastik mit den Ortpräpositionen oder
auch Spiele mit den Zahlen). Als Wiederholung werden
beidseitig bedruckte Memokarten verwendet, mit dem französischen
Ausdruck (Beispiel: Ça s’écrit
comment?, Je suis désolé, Il est quelle heure?) auf der einen und der
deutschen Übersetzung auf der anderen Seite. Bezogen auf Suggestopädie und
Superlearning-Methoden, vgl. die spezielle Ausgabe von Le francais dans le monde, janvier 1999).
[30] Es wird ganz bewusst auf [œ̃] verzichtet, um die Lernenden nicht zu überfordern. Genauso
bleiben bestimmte Ausnahmen wie fao oder européen nicht erwähnt.