Wissenschaftlicher Sammelband, herausgegeben von Thomas Tinnefeld unter Mitarbeit von Ines-A. Busch-Lauer, Hans Giessen, Michael Langner, Adelheid Schumann. Saarbrücken: htw saar 2012. ISBN 978-3-942949-00-2.

 

Methodisch-didaktisch motivierter Einsatz von Online-Tools

zur Vorbereitung der Zertifikation CLES2

im Bereich Deutsch als Fremdsprache


Eva Schaeffer-Lacroix (Paris, Frankreich)



Abstract (English)
The teacher training college IUFM (Institut universitaire de la formation des maîtres) in Paris organises - among other things – the preparation for the CLES2 (Certificat de compétences en Langues de l'Enseignement Supérieur) certificate which corresponds to the B2 band of the Common European Framework of Reference for Languages (CEFR). The present paper describes a blended-learning unit which prepares French students of German – future primary school teachers – for this certificate. The pedagogical and methodological background of the unit is presented as well as the embedded online tools which suit the current higher education policies adequately. The initial results show that the execution of the unit called plagiarism fostered the social integration of the participating students. This can be considered as a sound basis for engaged global learning.
Key words: CLES2 certificate, teaching unit “Plagiarism”, German as a foreign language, blended learning


Abstract (Deutsch)
Das Pariser Lehrerausbildungsinstitut IUFM (Institut universitaire de la formation des maîtres) ist - unter anderem - verantwortlich für die Vorbereitung auf die Zertifikation CLES2 (Certificat de compétences en Langues de l'Enseignement Supérieur), die dem Niveau B2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens (GER) entspricht. Im vorliegenden Beitrag wird eine Lehreinheit beschrieben, die künftigen Grundschullehrern in Form von Blended Learning eine Vorbereitung auf das Fach Deutsch als Fremdsprache anbietet. Es werden der didaktisch-methodische Hintergrund der Lehreinheit und dazu passende Online-Tools vorgestellt, die der aktuellen lokalen Hochschulpolitik entsprechen. Erste Ergebnisse zeigen, dass die Durchführung der Einheit Plagiat die soziale Einbindung der Studenten gefördert hat, was als eine gute Grundlage für engagiertes globales Lernen betrachtet werden kann.
Stichwörter:       Zertifikat CLES2, Lehreinheit „Plagiat“, Deutsch als Fremdsprache, Blended Learning




1   Beschreibung der gegenwärtigen Situation

Wie kann in einer zertifikatsträchtigen Zeit in Frankreich universitärer Fremdsprachenunterricht angeboten werden, der über das reine Üben abprüfbarer Kompetenzen hinausgeht und Lernen als soziales Handeln ermöglicht (Engeström, 1999)? Im vorliegenden Beitrag wird eine Lehreinheit beschrieben, die künftigen Grundschullehrern und -lehrerinnen eine 48-stündige Vorbereitung auf das Fach Deutsch als Fremdsprache in Form von Blended Learning anbietet. Die Einheit beruht auf Prinzipien des „présentiel amélioré en amont et en aval“ [im Vor- und Nachfeld aufgewerteter Präsenzunterricht], die in der oft zitierten Klassifizierung auf der Internetseite des Rapport Compétice (o.J.) erwähnt werden: Die Studenten und Studentinnen sollen sowohl im Kurs als auch zu Hause oder in der Bibliothek Zugang zu einer gewissen Bandbreite an Ressourcen haben. Sie sollen Eigeninitiative entwickeln können und möglichst gut betreut werden, und zwar sowohl während als auch zwischen den Sitzungen. Einige Ergebnisse der Einheit Plagiat, die mit einer Gruppe neun weiblicher Deutschlerner durchgeführt wurde, lassen durchscheinen, dass Online-Tools und die verwendete Lernplattform Edmodo die soziale Einbindung der Teilnehmerinnen in die Kursarbeit positiv verstärken können.

1.1  Lokaler Kontext

Seit einigen Jahren wird in Frankreich die Lehrerausbildung grundlegend reformiert. Frankreich befindet sich zur Zeit in einer konfliktreichen Übergangszeit, in der eine mehr oder weniger glückliche Zusammenarbeit zwischen dem IUFM und einer oder mehreren Partneruniversitäten praktiziert wird. In dem Bericht Jolion (2011) wird die notwendige Kooperation zwischen Universität und IUFM stark betont. Im Rahmen der Umstrukturierung dreier Pariser Partneruniversitäten zur föderativen Universität Sorbonne Université wurde im Oktober 2011 ein Paper an das Personal der Sorbonne (Paris IV) verschickt. In dem Paper wird unter anderem über die Bemühungen informiert, das Studentenleben mehr als bisher zu fördern. Sport, Kultur, Gesundheit und ein Ort, an dem man sich informieren und treffen kann - ein sogenanntes Learning Center - gehören zu den neuen Aufgabenbereichen:

D’ici au 31 décembre 2011 (...) intégration de la vie de campus et de la vie étudiante : santé (SIUMPPS), sport, culture, système d’information central, ressources documentaires mutualisées et learning center. (Molinié, 2011)

In dem Wikipedia-Artikel zum Stichwort Sorbonne Université (2012), wird bezüglich des geplanten Learning Centers der Ausdruck «lieu de sociabilité à disposition des étudiants» gebraucht. Es soll also als ein sozialer Treffpunkt für Studenten und Studentinnen konzipiert werden:

Il s'agit de concentrer sur un même site des fonds documentaires, des outils de travail, des services et des lieux de sociabilité à disposition des étudiants. (Wikipedia. Artikel: "Sorbonne Université" (2012)).

1.2  CLES2 und C2i2e

Wie bereits erwähnt, müssen die Lehramtsstudenten und –studentinnen, die im Jahre 2012 ihre Ausbildung in Frankreich abschließen, in einer europäischen Fremdsprache das Niveau B2 des GER nachweisen. Das IUFM bietet eine Ausbildung und eine Prüfung an, die zum Erlangen des entsprechenden Zertifikats führen sollen - und zwar des CLES2 (Certificat de compétences en langues de l‘enseignement supérieur). Parallel zum CLES2 müssen seit diesem Studienjahr die künftigen Lehrer und Lehrerinnen der Primar- und Sekundarstufe das C2i2e abgelegt haben, das Schlüsselkompetenzen für Lehrende in Informatik belegt, die für den Unterricht als wichtig angesehen werden. Das C2i2e und das CLES2 werden im IUFM seit mehreren Jahren angeboten - zum Teil auf freiwilliger Basis und zum Teil innerhalb eines der möglichen Zweige der Primarstufenausbildung. Man befindet sich nun in einer Phase, in der bisher unverbindliche Angebote zur Pflicht werden. Es erscheint sinnvoll, diese beiden neuen „Pflichtfächer“ miteinander in Einklang zu bringen. Das heißt, dass eine Ausbildung angeboten werden soll, in der sowohl sprachliche Kompetenzen, als auch Medienkompetenzen eingeübt werden können.

2   Argumente für die Verwendung von Online-Tools für CLES2-Kurse

Die folgenden Argumente für die Verwendung von Online-Tools in der CLES2-Ausbildung illustrieren zum einen die Sichtweise von Lehrpersonen des IUFM - also Vertretern einer Institution - und zum anderen die Sichtweise von Fremdsprachendidaktikern.

2.1  Argumente der Institution

Das IUFM interessiert sich dafür, dass möglichst viele Studierende die beiden geforderten Zertifikate mit möglichst geringem zeitlichen und finanziellen Aufwand erlangen. Es erscheint sinnvoll, nach Schnittstellen zu suchen, die die Inhalte beider Zertifikate längerfristig verbinden lassen. Dieses Vorgehen lässt sich gut mit der Perspektive des Learning Centers vereinbaren, das ja unter anderem ein Ort sein soll, an dem Lehr- und Lerngemeinschaften gepflegt werden können.

2.2  Argumente der Forschung

Manche Fremdsprachendidaktiker interessieren sich für den Einsatz von Online-Tools, weil sie sich gut in Lernszenarien integrieren lassen, mit denen angestrebt wird, sowohl individuelles als auch kollaboratives Lernen zu unterstützen (Nissen et al. 2011). Feedback der Lehrenden und / oder der Kommilitonen sollte ebenfalls möglich sein (Lyster 2005). In diesem Zusammenhang seien nur einige Beispiele genannt: Mit Chat-Tools können Sitzungen vor- oder nachbereitet werden, Wikis erlauben es, gemeinsam Texte zu schreiben und zu überarbeiten, und Vokabeltools wie Quizlet (Quizlet LLC, 2005-2011) bieten individuelles spielerisches Lernen und Leistungsvergleiche an. Goutéraux (2011) weist auf die Bedeutung affektiver Parameter für das Fremdsprachenlernen hin, und Chini (2011) betont die Notwendigkeit individueller Förderung Lernender. Es erscheint also wichtig, ein Gemeinschaftsgefühl zu fördern, das sowohl den Lernenden als auch den Lehrenden Lust auf intensives Arbeiten macht - und das nicht nur im Zusammenhang mit Präsenzveranstaltungen. Ein letztes wichtiges Argument für die Forschung ist die Tatsache, dass Online-Tools elektronische Spuren hinterlassen, vor allem, wenn sie in Plattformen eingebunden werden. Diese Spuren stellen wertvolle Daten dar, die für Studienzwecke ausgewertet werden können.

3   Die Online-Tools

3.1  Anforderungen
Die verwendeten Medien sollen den Studierenden einen möglichst geringen zeitlichen und kognitiven Aufwand abverlangen, so dass die meiste Energie in die Lernaufgaben einfließen kann. Die Medien sind idealerweise umsonst, ästhetisch ansprechend und bieten keine größeren technischen Schwierigkeiten bei Installierung und Bedienung. Schließlich sollten die Tools es den Studierenden erlauben, selbst Inhalte zu publizieren, und kollaboratives oder individuelles Arbeiten unterstützen. Es ist auch wichtig, dass die Lehrperson oder die Gruppenmitglieder Rückmeldungen geben können. Ein ethisches Kriterium ist der Datenschutz, und die Nachhaltigkeit der Daten ist für Forschungsbelange von Bedeutung[1]. All diese Merkmale müssen nicht immer in einem einzigen Tool vereint sein, aber je mehr Optionen in einem Tool erscheinen, umso geeigneter ist es für CLES2-artige Kurse. Das folgende Beispiel - eine Anwendung des Umfragetools Tricider – soll dem besseren Verständnis dienen. Dabei sind die Vornamen der Teilnehmerinnen aus Gründen der Anonymisierung entfernt worden  (Abb. 1).

Tricider ist ein Umfragetool, das fast allen oben genannten Kriterien entspricht: Es ist umsonst und recht ästhetisch; die Teilnehmer und Teilnehmerinnen müssen sich nicht registrieren; es ist einfach zu bedienen; man kann selbst Inhalte veröffentlichen und auf Inhalte anderer reagieren, und zwar in Textform oder indem man abstimmt. Rückmeldungen sind nicht direkt, jedoch in Form von Umformulierungen oder Rückfragen möglich. Im eigentlichen Sinne kollaborativ kann man allerdings mit dem Tool nicht arbeiten, außer, man bettet es entsprechend in eine Lehreinheit ein. Es ist zudem fraglich, wer auf die Daten Zugriff hat und was aus ihnen in Zukunft wird (Abb. 1).

3.2  Auswahl an Online-Tools

Es werden im Folgenden einige Tools genannt, die gut zu CLES2-Kursen passen. Sie sind fast alle mit Hinblick auf den Sprachlernkontext konzipiert worden. Eine Ausnahme bilden Tricider und Sketch Engine. Diese Tools lassen sich mit Gewinn im Fremdsprachenunterricht einsetzen, obwohl sie nicht speziell dafür erfunden worden sind (Tab. 1).


.
Die erste Hälfte der Tabelle betrifft speziell die CLES2-Anforderungen; die zweite Hälfte der Tabelle betrifft allgemeinere Sprachlerngelegenheiten.

3.3  Organisatorisches

Für die Vorbereitung des CLES2 stehen 48 Stunden zur Verfügung. Je fünf Sitzungen werden für die Behandlung einer Lehreinheit verwendet, die mit einer Prüfung abgeschlossen wird, die wie die Endprüfung aufgebaut ist. Die fortgeschrittensten Studentinnen können bereits im Januar die CLES2-Prüfung ablegen. Die anderen absolvieren die Prüfung im Juni. Die im Kurs verwendete Lernplattform Edmodo erlaubt es unter anderem, auf einem Kalender die relevanten Daten zu veröffentlichen - also die Termine, zu denen Aufgaben spätestens abgegeben werden müssen oder Prüfungstage bzw. solche, an denen jemand einen Vortrag halten muss.



Aktivitäten

Mögliche Tools


Hörverstehen, monologisches und interaktives Sprechen trainieren


CLEAR Audio dropbox
CLEAR conversation 2.1

Textverstehen und Textproduktion trainieren


Tricider
Willyoutypewithme


Mündliche oder schriftliche Aufgaben veröffentlichen


Edmodo assignment, post, and reply

Textrevision und Sprachbewusstsein


Sketch Engine concordancer

Vokabeltraining

Quizlet


Kollaboratives Arbeiten trainieren


Edmodo reply
Willyoutypewithme


Tab. 1 : CLES2-Aktivitäten und passende Online-Tools

3.4  Lernszenario

Ein wichtiges Kriterium für das Lernszenario ist es, nicht reines « teaching to the test » anzubieten, also nicht einfach Prüfungsaufgaben wiederholen zu lassen. Es soll möglich sein, in dem gegebenen Rahmen genuine Spracharbeit zu machen, die über die Zertifikation hinaus Kompetenzen vermittelt, und das nicht nur im Bereich Deutsch als Fremdsprache, sondern auch im Medienbereich. In den folgenden Abschnitten wird ein Überblick über das Lernszenario gegeben, das den vier Einheiten zugrunde liegt, die im Studienjahr 2011 / 2012 im IUFM angeboten werden:

Teil 1

Nach dem gemeinsamen Einstieg hören die Lernenden individuell Audio- oder Videodokumente, und sie machen dazu Hörverstehensaufgaben. Es stehen dafür im Unterrichtsraum, der eigentlich ein Infopool ist, genügend Computer und Kopfhörer zur Verfügung. Auf den Einstieg erfolgt eine Phase, in der die Ergebnisse zusammen besprochen werden und in der Fragen gestellt werden können. Die Hördokumente und die Texte, die zum Thema passen, können auf Edmodo abgerufen werden. Die Textarbeit wird begleitet von Verstehensübungen, wie die Aufgabe « Pressy writing » (Texte zum Beispiel um ein Viertel kürzen), und die üblichen Aufgabenformen wie beispielsweise das Auffinden von Überschriften für die einzelnen Abschnitte oder Zuordnungs- und Ergänzungsübungen. Es werden dabei die in der Prüfung verwendeten Übungsformen mitberücksichtigt. Sehr lange Texte werden von den fortgeschritteneren Studierenden gekürzt, was hilft, die Niveauunterschiede mitzuberücksichtigen. Zu Hause machen die Lernenden selbständig Vokabelarbeit. Sie werden dazu ermutigt, dies auf rationelle Weise zu tun. Die Vokabeln sollen auch anderen Zwecken als nur der jeweiligen Textarbeit dienen können. Dies ist zum Beispiel mit dem Tool Quizlet möglich, mit dem Karteikarten erstellt werden können. Dieses Tool erlaubt es außerdem, die Vokabeln auf spielerische Weise zu üben und die eigenen Leistungen mit denen anderer Lernenden oder mit denen der Lehrperson zu vergleichen.


Teil 2

Die mündliche Produktion wird zum einen dadurch geübt, dass die Unterrichtssprache vorwiegend die Fremdsprache ist. Zum anderen beginnt jede Sitzung mit der Vorstellung einer Anekdote, so dass jeder Studierende mindestens zweimal die Gelegenheit dazu hat, zwei Minuten lang möglichst frei über ein beliebiges Thema zu sprechen. Die anderen Gruppenmitglieder füllen dabei ein Raster aus und geben dann ihre Rückmeldung. Die dabei zu Tage tretenden sprachlichen Schwierigkeiten werden von der Lehrperson notiert und sind zu gegebener Zeit Gegenstand des Unterrichts. Während der individuellen Hör- oder Lesearbeit kümmert sich die Lehrperson speziell um einzelne Studierende, die besonderen Beistand für die Aussprache oder andere Belange brauchen. Im Kurs oder zu Hause werden Höraufnahmen gemacht. Es ist möglich, auf die mündliche Interaktion vorzubereiten, indem Hör- oder Audiodokumente angeboten werden, in denen eine der zwei oder drei Rollen schon zur Verfügung stehen.


Teil 3

Es wird angestrebt, dass die Studierenden die Plattform Edmodo dazu nutzen, sich aktiv in die Lehr- und Lerngemeinschaft einzubinden. Ein erster Schritt dazu wurde beispielsweise – zumindest intentional - von einer der Studentinnen gemacht, die die Dozentin fragte, ob sie die anderen Studentinnen über die im November stattgefundene Pariser Woche des deutschen Films informieren dürfe. Eine andere Studentin, die aus Krankheitsgründen eine Sitzung verpasst hatte, publizierte danach zwei Aufgaben von zu Hause aus auf Edmodo, und fragte per Edmodo-Post an, ob es stimme, dass das Seminar trotz der Ferien Ende Oktober stattfinden würde. Das stand fälschlicherweise im Kalender. In einem vorhergehenden Projekt informierte ein Gymnasiast seine Klassenkameraden über die Modalitäten der nächsten Englischarbeit. Dies zeigt, dass die Idee des sozialen Treffpunkts nicht ganz illusorisch ist, auch wenn speziell eine der Studentinnen zu verstehen gab, dass sie erst seit ein paar Monaten mit dem Computer arbeite und dass sie soziale Netzwerke nicht möge. Die Dozentin versuchte, damit zu argumentieren, dass die Studentin als angehende Grundschullehrerin solche Möglichkeiten besser nicht ignorieren solle. Im Übrigen werde sie auch das Zertifikat C2i2e nachweisen müssen, wofür ihr die im CLES2-Kurs verwendeten Tools vielleicht von Nutzen seien.


4   Die Lehreinheit Plagiat

Im Folgenden illustriert die Vorstellung der Lehreinheit Plagiat, wie die oben genannten Tools eingesetzt werden können. Zu Beginn der Einheit wurden zusammen mit den Studierenden Argumente für die Relevanz des Themas gesammelt. Dann wurde der Gruppe eine Online-Umfrage angeboten, bei der sie auf die Reizmeinung der Dozentin «Abschreiben ist blöd!» reagieren sollte. Die Studierenden konnten auch ihrerseits neue Meinungen formulieren und Argumente veröffentlichen, die die Meinung anderer bestärkten oder widerlegten. Es wäre auch möglich gewesen abzustimmen, aber von dieser Möglichkeit wurde erst in der nachfolgenden Lehreinheit Gebrauch gemacht. Während der darauffolgenden Sitzung wurde die sprachliche Form der Meinungen und Argumente zusammen besprochen, und die Argumente wurden in Kategorien eingeteilt, wie emotional, rational, verständnisvoll, oder legal. Dieser Schritt trug dazu bei, die Studierenden auf die schriftliche Aufgabe vorzubereiten.

4.1  Hörverstehen

Als nächstes wurden zwei Videofilme zum Thema Plagiat angeboten: die Vorstellung einer Schüler-Community, die eine Datenbank für Hausarbeiten und Klausuren verwaltet, und eine Reportage über Plagiatsjäger - eine Gruppe, die wissenschaftliches Plagiieren nachzuweisen versucht. Dort ist unter anderem die Rede vom Guttenberg-Skandal. Die Studentinnen hatten die Gelegenheit, die Filme innerhalb einer halben Stunde allein anzuhören und zu entscheiden, ob sie Pausen machen wollten und wie oft sie welchen Videofilm ansehen wollten. Dies ist nicht CLES2-konform: man hört in der Prüfung die Dokumente zusammen drei Mal ohne Unterbrechung an. Die gewählte Vorgehensweise kann allerdings auf Basis der Untersuchungen von Stéphanie Roussel (2008) zum Benutzen von iPods im Unterricht Deutsch als Fremdsprache gerechtfertigt werden.

4.2  Textverstehen

Der Gruppe wurden für diese Einheit zwei Texte angeboten, ein sehr kurzer einfacher Text und ein sehr langer. In dem ersten Text wurde Kindern anhand des Guttenberg-Skandals der Unterschied zwischen Plagiat und Zitat erklärt, und der zweite war ein Artikel über die Art und Weise, wie Gymnasiasten mit Informationen umgehen, die sie im Internet für ihre Referate und Hausarbeiten gefunden haben. Dort wurde auch der bewusste Verzicht des Internets als Informationsquelle kritisch beleuchtet, der manche Lehrpersonen auszuzeichnen scheint. Nach einer Pressy-writing-Übung wurden typische Textverstehensübungen angeboten, aber auch ein Quiz auf Edmodo und die Möglichkeit, den Text mit einem text-to-speech-Programm anzuhören.


4.3  Schreibfertigkeit

Die Schreibfertigkeit wurde in verschiedenen Situationen trainiert. Die Kommunikation mit den Studentinnen auf Edmodo oder per E-Mail fand grundsätzlich auf Deutsch statt. Die Gruppe kommunizierte regelmäßig schriftlich miteinander, bisher hauptsächlich während der Sitzungen, aber im Laufe des Semesters war bereits eine positive Entwicklung im Bereich der elektronischen Kommunikation zu beobachten. Zur Einübung der individuellen Schreibkompetenz wurden zwischendurch kleinere Schreibaufgaben angeboten, wie zum Beispiel: « Warum und wie ich schon mal geschummelt habe ». Die Ergebnisse wurden auf Edmodo veröffentlicht und teilweise zusammen besprochen. In manchen Fällen wurde auch spezifisch Spracharbeit zu besonderen Schwierigkeiten gemacht. Eine der CLES2-Aufgaben lud beispielweise zur Erstellung eines Textes ein, in dem in etwa 300 Wörtern die Hauptargumente der mündlichen und schriftlichen Dokumente, die zum Aufgabenkit gehörten, wiedergegeben wurden. Dies sollte durch eine Aufgabenstellung ermöglicht werden, die gut zum Thema passte. Während der Lehreinheit Plagiat verfassten die Lernenden einen Ratgeber zum wissenschaftlichen Arbeiten. Im Text sollten Studierende unter anderem vor den Gefahren des Plagiats gewarnt werden und über das Vorgehen und das Schicksal erfundener oder echter Plagiatoren informiert werden.

4.4  Mündliche Sprachproduktion

Die Sprechfertigkeit wurde zum einen dadurch gefördert, dass die Unterrichtssprache weitgehend Deutsch war. Zum anderen hatten die Studentinnen die Gelegenheit, während der Sitzungen oder zu Hause eine der Rollen der CLES2-Aufgabe zu spielen. Die andere Rolle wurde vorher von der Lehrperson per Mikrofon mit den Tools Audio dropbox oder Conversation 2.1 aufgenommen. Diese wurden von dem Sprachlernportal CLEAR der Michigan University zur Verfügung gestellt. Die CLES2-Aufgabe der Lehreinheit Plagiat war folgende: Zwei oder drei Lernende sollten besprechen, ob eine Studentin ihren Mastertitel bekommen solle. Sie hatte ihre Zulassungsarbeit weitgehend im Internet kopiert, aber systematische Textveränderungen vorgenommen. Handelte es sich dabei um ein Plagiat oder um intertextuelles Vorgehen? Mögliche Rollen waren: die Professorin, die die Magisterarbeit betreut hatte, eine Literaturstudentin, die im Asta die Interessen der Studierenden vertritt, und die Universitätspräsidentin, die die Qualität von Forschung und Lehre garantieren soll.

4.5  Spracharbeit

Ein Konkordanzer ist ein Tool, das es erlaubt, Textsammlungen (Korpora) rationell zu durchforsten und unter anderem textstatistische Beobachtungen zu machen. Dieses Programm kann sowohl für die schriftliche als auch für die mündliche Spracharbeit nutzbar gemacht werden. Im Folgenden wird ein mündliches Textbeispiel aus dem aktuellen Kurs behandelt.

Als Annie, eine der Studentinnen der Gruppe, ihre Anekdote mündlich vorstellte, machte sie unter anderem die folgende Aussage: « Wir *vergehen zusammen ein Wochenende », (statt : « Wir haben ein Wochenende zusammen verbracht »). Der auf Sketch Engine durchsuchbare Megakorpus deTenTen (Kilgarriff et al. 2010) verweist darauf, dass das Verb vergehen häufig mit Zeitangaben kombiniert wird, nicht aber mit Nomen, die dem Wortfeld Aufenthalt angehören:


Die Aussage « Ich abfahre mit drei Begleitern und vier Behinderten nach X » kann auf dieselbe Weise revidiert werden. Mit Hilfe des Konkordanzers kann ermittelt werden, dass die Partikel ab nur dann im Verb integriert bleibt, wenn das Verb in Nebensätzen oder nach Modalverben erscheint. Außerdem ist auch hier die Zeitangabe ein frequenter Kontext. Im Zusammenhang mit Zielangaben wird das Verb abfahren hingegen sehr selten verwendet.

5   Abschließende Bemerkungen und Ausblick

Mit dieser ersten Lehreinheit ist das Ziel der Verwirklichung eines Kurses unter Einbeziehung des Blended Learning bereits teilweise realisiert. Es war für die knapp über zwanzig Jahre alten Studentinnen des aktuellen Studienjahres zwar anscheinend noch ungewohnt, Lernplattformen als Lehrwerkersatz und als Kommunikationsmittel zwischen den Sitzungen zu betrachten - geschweige denn als sozialen Treffpunkt -, aber immerhin deponierten einige von ihnen ihre Hausaufgaben auf Edmodo, und eine Studentin wandte sich mittels eines Posts mit einer Organisationsfrage an die Dozentin. Zwei Studentinnen, die einmal abwesend waren, hatten die Plattform dazu genutzt, den verpassten Stoff nachzuholen. Dies war ein erster Schritt. Die Gruppe erwägt gegenwärtig, einen deutsch-französischen Mittagstisch zu gründen, was ein gewisses Streben nach Kontakten zwischen den einzelnen Seminarsitzungen signalisiert. Eine solche Aktivität stellt eine günstige Basis für künftige virtuelle Aktivitäten dar, die davon profitieren, dass die Teilnehmerinnen einander gut kennen. Mit einer anderen Gruppe wird für einen Didaktikkurs die Lernplattform Moodle des IUFM benutzt. Die Studierenden, die ein Referat halten müssen, finden dort eine Auswahlbibliographie zu ihrem Thema, und einige von ihnen stellen dort inzwischen von zu Hause aus ihre Aufgaben ein. Der Wunsch nach Veröffentlichung der Audioaufzeichnungen der Sitzungen wurde von einer Studentin geäußert, die aus Arbeitsgründen zuweilen nicht teilnehmen kann. Es ist wichtig, dass Online-Tools und Lernplattformen konkreten Bedürfnissen entsprechen. Diese ausfindig zu machen und den Lernenden aufzuzeigen, dass man diese mit technischen Mitteln zumindest teilweise befriedigen kann, ist derzeitig eine wichtige Aufgabe der Lehrenden an Universitäten und Hochschulen - nicht zuletzt im Hinblick auf ein Publikum, das in nicht allzu ferner Zukunft  vor Schülern stehen wird, die es zu einem aufgeklärten, kreativen und verantwortlichen Umgang mit elektronischen Medien erziehen soll.



Bibliographie


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(http://fr.wikipedia.org/wiki/Sorbonne_Universit%C3%A9; 30.08.2012)


Lernplattformen und Online-Tools

Audio dropbox è CLEAR.

CLEAR (Center for Language Education and Research) (nd). (http://clear.msu.edu/login/; 30.08.2012)

CLEAR Conversation 2.1 è CLEAR.

Edmodo. Nic Borg and Jeff O'Hara (2008-2011). (http://www.Edmodo.com/; 30.08.2012)

Plattform Moodle, IUFM de Paris. ( http://moodle.paris.iufm.fr/; 30.08.2012)

Quizlet. Quizlet LLC (2005-2011). (http://quizlet.com/; 30.08.2012)

Tricider. Tricider GbR (2011). (http://tricider.com/en/t/; 30.08.2012)

Webcorp (1999-2011). Research and Development Unit for English Studies, Birmingham City University. (http://www.webcorp.org.uk/live/; 30.08.2012)

Willyou.typewith.me (2011). Etherpad Foundation. (http://willyou.typewith.me/; 30.08.2012)




Lernplattformen und Online-Tools

Audio dropbox, siehe CLEAR.

CLEAR (Center for Language E
ducation and Research) (nd). (http://clear.msu.edu/login/; 30.08.2012).

CLEAR Conversation 2.1, siehe CLEAR.

Edmodo. Nic Borg and Jeff O'Hara (2008-2011). (http://www.Edmodo.com/; 30.08.2012).

Plattform Moodle, IUFM de Paris. ( http://moodle.paris.iufm.fr/; 30.08.2012).

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Willyou.typewith.me (2011). Etherpad Foundation. (http://willyou.typewith.me/; 30.08.2012).



[1]  Die Internetseite Language archive des Max-Planck-Instituts Nimwegen informiert darüber, wie man Daten haltbar machen kann und warum das angestrebt wird: Dieses Vorgehen fördert die wissenschaftliche Zusammenarbeit in Europa, und es erleichtert die Wiederverwendung von Daten für potentielle spätere Forschung.
(http://www.mpi.nl/research/research-projects/the-languagearchive/?searchterm=language%
 20archive; 20.10.2012)