Methodisch-didaktisch
motivierter Einsatz von Online-Tools
zur Vorbereitung der Zertifikation CLES2
im Bereich Deutsch als Fremdsprache
Eva Schaeffer-Lacroix (Paris, Frankreich)
Abstract
(English)
The teacher training
college IUFM (Institut universitaire de
la formation des maîtres) in Paris organises - among other things – the preparation for
the CLES2 (Certificat de compétences en Langues de l'Enseignement Supérieur)
certificate which corresponds to the B2 band of the Common European Framework of Reference for Languages (CEFR). The present paper describes a
blended-learning unit which prepares French students of German – future primary
school teachers – for this certificate. The pedagogical and methodological background of the unit is presented as
well as the embedded online tools which suit the current higher education
policies adequately. The initial results show that the execution of the unit
called plagiarism fostered the social
integration of the participating students. This can be considered as a sound
basis for engaged global learning.
Key words: CLES2 certificate, teaching unit “Plagiarism”, German as a foreign
language, blended learning
Abstract (Deutsch)
Das Pariser
Lehrerausbildungsinstitut IUFM (Institut
universitaire de la formation des maîtres) ist - unter anderem -
verantwortlich für die Vorbereitung auf die Zertifikation CLES2 (Certificat de
compétences en Langues de l'Enseignement Supérieur), die dem Niveau B2 des
Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens (GER) entspricht. Im vorliegenden
Beitrag wird eine Lehreinheit beschrieben, die künftigen Grundschullehrern in
Form von Blended Learning eine
Vorbereitung auf das Fach Deutsch als
Fremdsprache anbietet. Es werden der didaktisch-methodische Hintergrund der
Lehreinheit und dazu passende Online-Tools vorgestellt, die der aktuellen
lokalen Hochschulpolitik entsprechen. Erste Ergebnisse zeigen, dass die
Durchführung der Einheit Plagiat die
soziale Einbindung der Studenten gefördert hat, was als eine gute Grundlage für
engagiertes globales Lernen betrachtet werden kann.
Stichwörter: Zertifikat
CLES2, Lehreinheit
„Plagiat“, Deutsch als Fremdsprache, Blended Learning
1 Beschreibung der gegenwärtigen Situation
Wie kann in einer zertifikatsträchtigen Zeit in Frankreich
universitärer Fremdsprachenunterricht angeboten werden, der über das reine Üben
abprüfbarer Kompetenzen hinausgeht und Lernen als soziales Handeln ermöglicht
(Engeström, 1999)? Im vorliegenden Beitrag wird eine Lehreinheit beschrieben,
die künftigen Grundschullehrern und -lehrerinnen eine 48-stündige Vorbereitung
auf das Fach Deutsch als Fremdsprache in Form von Blended Learning anbietet. Die Einheit beruht auf Prinzipien des
„présentiel amélioré en amont et en aval“ [im Vor- und Nachfeld aufgewerteter
Präsenzunterricht], die in der oft zitierten Klassifizierung auf der
Internetseite des Rapport Compétice (o.J.) erwähnt werden: Die Studenten
und Studentinnen sollen sowohl im Kurs als auch zu Hause oder in der Bibliothek
Zugang zu einer gewissen Bandbreite an Ressourcen haben. Sie sollen
Eigeninitiative entwickeln können und möglichst gut betreut werden, und zwar
sowohl während als auch zwischen den Sitzungen. Einige Ergebnisse der Einheit Plagiat, die mit einer Gruppe neun
weiblicher Deutschlerner durchgeführt wurde, lassen durchscheinen, dass
Online-Tools und die verwendete Lernplattform Edmodo die soziale Einbindung der Teilnehmerinnen in die Kursarbeit
positiv verstärken können.
1.1 Lokaler
Kontext
Seit einigen Jahren wird in Frankreich die Lehrerausbildung grundlegend
reformiert. Frankreich befindet sich zur Zeit in einer konfliktreichen Übergangszeit,
in der eine mehr oder weniger glückliche Zusammenarbeit zwischen dem IUFM und
einer oder mehreren Partneruniversitäten praktiziert wird. In dem Bericht
Jolion (2011) wird die notwendige Kooperation zwischen Universität und IUFM
stark betont. Im Rahmen der Umstrukturierung dreier Pariser
Partneruniversitäten zur föderativen Universität Sorbonne Université wurde im Oktober 2011 ein Paper an das Personal
der Sorbonne (Paris IV) verschickt. In dem Paper wird unter anderem über die
Bemühungen informiert, das Studentenleben mehr als bisher zu fördern. Sport,
Kultur, Gesundheit und ein Ort, an dem man sich informieren und treffen kann -
ein sogenanntes Learning Center -
gehören zu den neuen Aufgabenbereichen:
D’ici au 31 décembre 2011 (...) intégration de la
vie de campus et de la vie étudiante : santé (SIUMPPS), sport, culture,
système d’information central, ressources documentaires mutualisées et learning
center. (Molinié, 2011)
In dem Wikipedia-Artikel zum Stichwort Sorbonne Université (2012),
wird bezüglich des geplanten Learning
Centers der Ausdruck «lieu de sociabilité à disposition des étudiants»
gebraucht. Es soll also als ein sozialer Treffpunkt für Studenten und
Studentinnen konzipiert werden:
Il s'agit de concentrer sur un même site des fonds documentaires, des outils de travail, des services et des lieux de sociabilité à disposition des étudiants. (Wikipedia. Artikel: "Sorbonne Université" (2012)).
1.2 CLES2 und C2i2e
Wie bereits erwähnt, müssen die Lehramtsstudenten und –studentinnen,
die im Jahre 2012 ihre Ausbildung in Frankreich abschließen, in einer
europäischen Fremdsprache das Niveau B2 des GER nachweisen. Das IUFM bietet
eine Ausbildung und eine Prüfung an, die zum Erlangen des entsprechenden
Zertifikats führen sollen - und zwar des CLES2
(Certificat de compétences en langues de
l‘enseignement supérieur). Parallel zum CLES2 müssen seit diesem
Studienjahr die künftigen Lehrer und Lehrerinnen der Primar- und Sekundarstufe
das C2i2e abgelegt haben, das Schlüsselkompetenzen für Lehrende in Informatik
belegt, die für den Unterricht als wichtig angesehen werden. Das C2i2e und das
CLES2 werden im IUFM seit mehreren Jahren angeboten - zum Teil auf freiwilliger
Basis und zum Teil innerhalb eines der möglichen Zweige der
Primarstufenausbildung. Man befindet sich nun in einer Phase, in der bisher
unverbindliche Angebote zur Pflicht werden. Es erscheint sinnvoll, diese beiden
neuen „Pflichtfächer“ miteinander in Einklang zu bringen. Das heißt, dass eine
Ausbildung angeboten werden soll, in der sowohl sprachliche Kompetenzen, als
auch Medienkompetenzen eingeübt werden können.
2 Argumente
für die Verwendung von Online-Tools für CLES2-Kurse
Die folgenden Argumente für die Verwendung von Online-Tools in der
CLES2-Ausbildung illustrieren zum einen die Sichtweise von Lehrpersonen des
IUFM - also Vertretern einer Institution - und zum anderen die Sichtweise von
Fremdsprachendidaktikern.
2.1
Argumente der Institution
Das IUFM interessiert sich dafür, dass möglichst viele Studierende die
beiden geforderten Zertifikate mit möglichst geringem zeitlichen und
finanziellen Aufwand erlangen. Es erscheint sinnvoll, nach Schnittstellen zu
suchen, die die Inhalte beider Zertifikate längerfristig verbinden lassen.
Dieses Vorgehen lässt sich gut mit der Perspektive des Learning Centers vereinbaren, das ja unter anderem ein Ort sein
soll, an dem Lehr- und Lerngemeinschaften gepflegt werden können.
2.2
Argumente der Forschung
Manche Fremdsprachendidaktiker interessieren sich für den Einsatz von
Online-Tools, weil sie sich gut in Lernszenarien integrieren lassen, mit denen
angestrebt wird, sowohl individuelles als auch kollaboratives Lernen zu
unterstützen (Nissen et al. 2011). Feedback der Lehrenden und / oder der
Kommilitonen sollte ebenfalls möglich sein (Lyster 2005). In diesem
Zusammenhang seien nur einige Beispiele genannt: Mit Chat-Tools können
Sitzungen vor- oder nachbereitet werden, Wikis erlauben es, gemeinsam Texte zu
schreiben und zu überarbeiten, und Vokabeltools wie Quizlet (Quizlet LLC, 2005-2011) bieten individuelles spielerisches
Lernen und Leistungsvergleiche an. Goutéraux (2011) weist auf die Bedeutung
affektiver Parameter für das Fremdsprachenlernen hin, und Chini (2011) betont
die Notwendigkeit individueller Förderung Lernender. Es erscheint also wichtig,
ein Gemeinschaftsgefühl zu fördern, das sowohl den Lernenden als auch den Lehrenden
Lust auf intensives Arbeiten macht - und das nicht nur im Zusammenhang mit
Präsenzveranstaltungen. Ein letztes wichtiges Argument für die Forschung ist
die Tatsache, dass Online-Tools elektronische Spuren hinterlassen, vor allem,
wenn sie in Plattformen eingebunden werden. Diese Spuren stellen wertvolle
Daten dar, die für Studienzwecke ausgewertet werden können.
3 Die Online-Tools
3.1 Anforderungen
Die verwendeten Medien sollen den Studierenden einen möglichst geringen
zeitlichen und kognitiven Aufwand abverlangen, so dass die meiste Energie in
die Lernaufgaben einfließen kann. Die Medien sind idealerweise umsonst,
ästhetisch ansprechend und bieten keine größeren technischen Schwierigkeiten
bei Installierung und Bedienung. Schließlich sollten die Tools es den
Studierenden erlauben, selbst Inhalte zu publizieren, und kollaboratives oder
individuelles Arbeiten unterstützen. Es ist auch wichtig, dass die Lehrperson
oder die Gruppenmitglieder Rückmeldungen geben können. Ein ethisches Kriterium
ist der Datenschutz, und die Nachhaltigkeit der Daten ist für Forschungsbelange
von Bedeutung[1]. All
diese Merkmale müssen nicht immer in einem einzigen Tool vereint sein, aber je
mehr Optionen in einem Tool erscheinen, umso geeigneter ist es für CLES2-artige
Kurse. Das folgende Beispiel - eine
Anwendung des Umfragetools Tricider – soll dem besseren Verständnis
dienen. Dabei sind die Vornamen der Teilnehmerinnen aus Gründen der
Anonymisierung entfernt worden (Abb. 1).
Tricider ist ein Umfragetool, das fast allen
oben genannten Kriterien entspricht: Es ist umsonst und recht ästhetisch; die
Teilnehmer und Teilnehmerinnen müssen sich nicht registrieren; es ist einfach
zu bedienen; man kann selbst Inhalte veröffentlichen und auf Inhalte anderer
reagieren, und zwar in Textform oder indem man abstimmt. Rückmeldungen sind
nicht direkt, jedoch in Form von Umformulierungen oder Rückfragen möglich. Im
eigentlichen Sinne kollaborativ kann man allerdings mit dem Tool nicht
arbeiten, außer, man bettet es entsprechend in eine Lehreinheit ein. Es ist
zudem fraglich, wer auf die Daten Zugriff hat und was aus ihnen in Zukunft wird
(Abb. 1).
3.2 Auswahl an
Online-Tools
Es werden im Folgenden einige Tools genannt, die gut zu CLES2-Kursen
passen. Sie sind fast alle mit Hinblick auf den Sprachlernkontext konzipiert
worden. Eine Ausnahme bilden Tricider und Sketch Engine. Diese
Tools lassen sich mit Gewinn im Fremdsprachenunterricht einsetzen, obwohl sie
nicht speziell dafür erfunden worden sind (Tab. 1).
Die erste
Hälfte der Tabelle betrifft speziell die CLES2-Anforderungen; die zweite Hälfte
der Tabelle betrifft allgemeinere Sprachlerngelegenheiten.
3.3
Organisatorisches
Für die Vorbereitung des CLES2 stehen 48 Stunden zur Verfügung. Je fünf
Sitzungen werden für die Behandlung einer Lehreinheit verwendet, die mit einer
Prüfung abgeschlossen wird, die wie die Endprüfung aufgebaut ist. Die
fortgeschrittensten Studentinnen können bereits im Januar die CLES2-Prüfung
ablegen. Die anderen absolvieren die Prüfung im Juni. Die im Kurs verwendete
Lernplattform Edmodo erlaubt es unter
anderem, auf einem Kalender die relevanten Daten zu veröffentlichen - also die
Termine, zu denen Aufgaben spätestens abgegeben werden müssen oder Prüfungstage
bzw. solche, an denen jemand einen Vortrag halten muss.
Aktivitäten
|
Mögliche
Tools
|
Hörverstehen, monologisches und interaktives
Sprechen trainieren
|
CLEAR Audio dropbox
CLEAR conversation 2.1
|
Textverstehen und Textproduktion trainieren
|
Tricider
Willyoutypewithme
|
Mündliche oder schriftliche Aufgaben veröffentlichen
|
Edmodo assignment,
post, and reply
|
Textrevision und Sprachbewusstsein
|
Sketch Engine concordancer
|
Vokabeltraining
|
Quizlet
|
Kollaboratives Arbeiten trainieren
|
Edmodo reply
Willyoutypewithme
|
Tab. 1 : CLES2-Aktivitäten
und passende Online-Tools
3.4
Lernszenario
Ein wichtiges Kriterium für das Lernszenario ist es, nicht reines
« teaching to the test » anzubieten, also nicht einfach
Prüfungsaufgaben wiederholen zu lassen. Es soll möglich sein, in dem gegebenen
Rahmen genuine Spracharbeit zu machen, die über die Zertifikation hinaus
Kompetenzen vermittelt, und das nicht nur im Bereich Deutsch als Fremdsprache, sondern auch im Medienbereich. In den folgenden Abschnitten wird ein Überblick über das Lernszenario gegeben, das den
vier Einheiten zugrunde liegt, die im Studienjahr 2011 / 2012 im IUFM angeboten
werden:
Teil 1
Nach
dem gemeinsamen Einstieg hören die Lernenden individuell Audio- oder
Videodokumente, und sie machen dazu Hörverstehensaufgaben. Es stehen dafür im
Unterrichtsraum, der eigentlich ein Infopool ist, genügend Computer und
Kopfhörer zur Verfügung. Auf den Einstieg erfolgt eine Phase, in der die
Ergebnisse zusammen besprochen werden und in der Fragen gestellt werden können.
Die Hördokumente und die Texte, die zum Thema passen, können auf Edmodo
abgerufen werden. Die Textarbeit wird begleitet von Verstehensübungen, wie die
Aufgabe « Pressy writing » (Texte zum Beispiel um ein Viertel
kürzen), und die üblichen Aufgabenformen wie beispielsweise das Auffinden von
Überschriften für die einzelnen Abschnitte oder Zuordnungs- und
Ergänzungsübungen. Es werden dabei die in der Prüfung verwendeten Übungsformen
mitberücksichtigt. Sehr lange Texte werden von den fortgeschritteneren
Studierenden gekürzt, was hilft, die Niveauunterschiede mitzuberücksichtigen.
Zu Hause machen die Lernenden selbständig Vokabelarbeit. Sie werden dazu
ermutigt, dies auf rationelle Weise zu tun. Die Vokabeln sollen auch anderen
Zwecken als nur der jeweiligen Textarbeit dienen können. Dies ist zum Beispiel
mit dem Tool Quizlet möglich, mit dem Karteikarten erstellt werden
können. Dieses Tool erlaubt es außerdem, die Vokabeln auf spielerische Weise zu
üben und die eigenen Leistungen mit denen anderer Lernenden oder mit denen der Lehrperson
zu vergleichen.
Teil 2
Die
mündliche Produktion wird zum einen dadurch geübt, dass die Unterrichtssprache
vorwiegend die Fremdsprache ist. Zum anderen beginnt jede Sitzung mit der
Vorstellung einer Anekdote, so dass jeder Studierende mindestens zweimal die
Gelegenheit dazu hat, zwei Minuten lang möglichst frei über ein beliebiges
Thema zu sprechen. Die anderen Gruppenmitglieder füllen dabei ein Raster aus
und geben dann ihre Rückmeldung. Die dabei zu Tage tretenden sprachlichen Schwierigkeiten
werden von der Lehrperson notiert und sind zu gegebener Zeit Gegenstand des
Unterrichts. Während der individuellen Hör- oder Lesearbeit kümmert sich die
Lehrperson speziell um einzelne Studierende, die besonderen Beistand für die
Aussprache oder andere Belange brauchen. Im Kurs oder zu Hause werden
Höraufnahmen gemacht. Es ist möglich, auf die mündliche Interaktion vorzubereiten,
indem Hör- oder Audiodokumente angeboten werden, in denen eine der zwei oder
drei Rollen schon zur Verfügung stehen.
Teil 3
Es
wird angestrebt, dass die Studierenden die Plattform Edmodo dazu nutzen,
sich aktiv in die Lehr- und Lerngemeinschaft einzubinden. Ein erster Schritt
dazu wurde beispielsweise – zumindest intentional - von einer der Studentinnen
gemacht, die die Dozentin fragte, ob sie die anderen Studentinnen über die im
November stattgefundene Pariser Woche des deutschen Films informieren dürfe.
Eine andere Studentin, die aus Krankheitsgründen eine Sitzung verpasst hatte,
publizierte danach zwei Aufgaben von zu Hause aus auf Edmodo, und fragte per Edmodo-Post
an, ob es stimme, dass das Seminar trotz der Ferien Ende Oktober stattfinden
würde. Das stand fälschlicherweise im Kalender. In einem vorhergehenden Projekt
informierte ein Gymnasiast seine Klassenkameraden über die Modalitäten der
nächsten Englischarbeit. Dies zeigt, dass die Idee des sozialen Treffpunkts
nicht ganz illusorisch ist, auch wenn speziell eine der Studentinnen zu
verstehen gab, dass sie erst seit ein paar Monaten mit dem Computer arbeite und
dass sie soziale Netzwerke nicht möge. Die Dozentin versuchte, damit zu
argumentieren, dass die Studentin als angehende Grundschullehrerin solche
Möglichkeiten besser nicht ignorieren solle. Im Übrigen werde sie auch das
Zertifikat C2i2e nachweisen müssen, wofür ihr die im CLES2-Kurs verwendeten
Tools vielleicht von Nutzen seien.
4 Die
Lehreinheit Plagiat
Im Folgenden illustriert die Vorstellung der Lehreinheit Plagiat, wie die oben genannten Tools
eingesetzt werden können. Zu Beginn der Einheit wurden zusammen mit den
Studierenden Argumente für die Relevanz des Themas gesammelt. Dann wurde der
Gruppe eine Online-Umfrage angeboten, bei der sie auf die Reizmeinung der
Dozentin «Abschreiben ist blöd!» reagieren sollte. Die Studierenden konnten
auch ihrerseits neue Meinungen formulieren und Argumente veröffentlichen, die
die Meinung anderer bestärkten oder widerlegten. Es wäre auch möglich gewesen
abzustimmen, aber von dieser Möglichkeit wurde erst in der nachfolgenden
Lehreinheit Gebrauch gemacht. Während der darauffolgenden Sitzung wurde die
sprachliche Form der Meinungen und Argumente zusammen besprochen, und die
Argumente wurden in Kategorien eingeteilt, wie emotional, rational, verständnisvoll, oder legal. Dieser Schritt trug dazu bei, die
Studierenden auf die schriftliche Aufgabe vorzubereiten.
4.1
Hörverstehen
Als nächstes wurden zwei Videofilme zum Thema Plagiat angeboten: die Vorstellung einer Schüler-Community, die
eine Datenbank für Hausarbeiten und Klausuren verwaltet, und eine Reportage
über Plagiatsjäger - eine Gruppe, die wissenschaftliches Plagiieren
nachzuweisen versucht. Dort ist unter anderem die Rede vom Guttenberg-Skandal.
Die Studentinnen hatten die Gelegenheit, die Filme innerhalb einer halben
Stunde allein anzuhören und zu entscheiden, ob sie Pausen machen wollten und
wie oft sie welchen Videofilm ansehen wollten. Dies ist nicht CLES2-konform:
man hört in der Prüfung die Dokumente zusammen drei Mal ohne Unterbrechung an.
Die gewählte Vorgehensweise kann allerdings auf Basis der Untersuchungen von
Stéphanie Roussel (2008) zum Benutzen von iPods im Unterricht Deutsch als
Fremdsprache gerechtfertigt werden.
4.2
Textverstehen
Der Gruppe wurden für diese Einheit zwei Texte angeboten, ein sehr
kurzer einfacher Text und ein sehr langer. In dem ersten Text wurde Kindern
anhand des Guttenberg-Skandals der Unterschied zwischen Plagiat und Zitat
erklärt, und der zweite war ein Artikel über die Art und Weise, wie Gymnasiasten
mit Informationen umgehen, die sie im Internet für ihre Referate und
Hausarbeiten gefunden haben. Dort wurde auch der bewusste Verzicht des
Internets als Informationsquelle kritisch beleuchtet, der manche Lehrpersonen
auszuzeichnen scheint. Nach einer Pressy-writing-Übung
wurden typische Textverstehensübungen angeboten, aber auch ein Quiz auf Edmodo und die Möglichkeit, den Text mit
einem text-to-speech-Programm
anzuhören.
4.3 Schreibfertigkeit
Die Schreibfertigkeit wurde in verschiedenen Situationen trainiert. Die
Kommunikation mit den Studentinnen auf Edmodo
oder per E-Mail fand grundsätzlich auf Deutsch statt. Die Gruppe kommunizierte
regelmäßig schriftlich miteinander, bisher hauptsächlich während der Sitzungen,
aber im Laufe des Semesters war bereits eine positive Entwicklung im Bereich
der elektronischen Kommunikation zu beobachten. Zur Einübung der individuellen
Schreibkompetenz wurden zwischendurch kleinere Schreibaufgaben angeboten, wie
zum Beispiel: « Warum und wie ich schon mal geschummelt habe ». Die
Ergebnisse wurden auf Edmodo
veröffentlicht und teilweise zusammen besprochen. In manchen Fällen wurde auch spezifisch
Spracharbeit zu besonderen Schwierigkeiten gemacht. Eine der CLES2-Aufgaben lud
beispielweise zur Erstellung eines Textes ein, in dem in etwa 300 Wörtern die
Hauptargumente der mündlichen und schriftlichen Dokumente, die zum Aufgabenkit
gehörten, wiedergegeben wurden. Dies sollte durch eine Aufgabenstellung
ermöglicht werden, die gut zum Thema passte. Während der Lehreinheit Plagiat verfassten die Lernenden einen
Ratgeber zum wissenschaftlichen Arbeiten. Im Text sollten Studierende unter
anderem vor den Gefahren des Plagiats gewarnt werden und über das Vorgehen und
das Schicksal erfundener oder echter Plagiatoren informiert werden.
4.4
Mündliche Sprachproduktion
Die Sprechfertigkeit wurde zum einen dadurch gefördert, dass die
Unterrichtssprache weitgehend Deutsch war. Zum anderen hatten die Studentinnen
die Gelegenheit, während der Sitzungen oder zu Hause eine der Rollen der
CLES2-Aufgabe zu spielen. Die andere Rolle wurde vorher von der Lehrperson per
Mikrofon mit den Tools Audio dropbox
oder Conversation 2.1 aufgenommen.
Diese wurden von dem Sprachlernportal CLEAR der Michigan University zur
Verfügung gestellt. Die CLES2-Aufgabe der Lehreinheit Plagiat war folgende: Zwei oder drei Lernende sollten besprechen,
ob eine Studentin ihren Mastertitel bekommen solle. Sie hatte ihre
Zulassungsarbeit weitgehend im Internet kopiert, aber systematische
Textveränderungen vorgenommen. Handelte es sich dabei um ein Plagiat oder um
intertextuelles Vorgehen? Mögliche Rollen waren: die Professorin, die die
Magisterarbeit betreut hatte, eine Literaturstudentin, die im Asta die
Interessen der Studierenden vertritt, und die Universitätspräsidentin, die die
Qualität von Forschung und Lehre garantieren soll.
4.5
Spracharbeit
Ein Konkordanzer ist ein Tool,
das es erlaubt, Textsammlungen (Korpora) rationell zu durchforsten und unter
anderem textstatistische Beobachtungen zu machen. Dieses Programm kann sowohl
für die schriftliche als auch für die mündliche Spracharbeit nutzbar gemacht
werden. Im Folgenden wird ein mündliches Textbeispiel aus dem aktuellen Kurs
behandelt.
Als Annie, eine der Studentinnen der Gruppe, ihre Anekdote mündlich
vorstellte, machte sie unter anderem die folgende Aussage: « Wir *vergehen
zusammen ein Wochenende », (statt : « Wir haben ein Wochenende
zusammen verbracht »). Der auf Sketch
Engine durchsuchbare Megakorpus deTenTen (Kilgarriff et al. 2010)
verweist darauf, dass das Verb vergehen
häufig mit Zeitangaben kombiniert wird, nicht aber mit Nomen, die dem Wortfeld Aufenthalt angehören:
Die Aussage « Ich abfahre mit drei Begleitern und vier Behinderten
nach X » kann auf dieselbe Weise revidiert werden. Mit Hilfe des
Konkordanzers kann ermittelt werden, dass die Partikel ab nur dann im Verb integriert bleibt, wenn das Verb in Nebensätzen
oder nach Modalverben erscheint. Außerdem ist auch hier die Zeitangabe ein
frequenter Kontext. Im Zusammenhang mit Zielangaben wird das Verb abfahren hingegen sehr selten verwendet.
5
Abschließende Bemerkungen und Ausblick
Mit dieser ersten Lehreinheit ist das Ziel der Verwirklichung eines
Kurses unter Einbeziehung des Blended
Learning bereits teilweise realisiert. Es war für die knapp über zwanzig
Jahre alten Studentinnen des aktuellen Studienjahres zwar anscheinend noch
ungewohnt, Lernplattformen als Lehrwerkersatz und als Kommunikationsmittel
zwischen den Sitzungen zu betrachten - geschweige denn als sozialen Treffpunkt
-, aber immerhin deponierten einige von ihnen ihre Hausaufgaben auf Edmodo,
und eine Studentin wandte sich mittels eines Posts mit einer Organisationsfrage
an die Dozentin. Zwei Studentinnen, die einmal abwesend waren, hatten die
Plattform dazu genutzt, den verpassten Stoff nachzuholen. Dies war ein erster
Schritt. Die Gruppe erwägt gegenwärtig, einen deutsch-französischen
Mittagstisch zu gründen, was ein gewisses Streben nach Kontakten zwischen den
einzelnen Seminarsitzungen signalisiert. Eine solche Aktivität stellt eine
günstige Basis für künftige virtuelle Aktivitäten dar, die davon profitieren,
dass die Teilnehmerinnen einander gut kennen. Mit einer anderen Gruppe wird für
einen Didaktikkurs die Lernplattform Moodle des IUFM benutzt. Die Studierenden,
die ein Referat halten müssen, finden dort eine Auswahlbibliographie zu ihrem
Thema, und einige von ihnen stellen dort inzwischen von zu Hause aus ihre
Aufgaben ein. Der Wunsch nach Veröffentlichung der Audioaufzeichnungen der
Sitzungen wurde von einer Studentin geäußert, die aus Arbeitsgründen zuweilen
nicht teilnehmen kann. Es ist wichtig, dass Online-Tools und Lernplattformen
konkreten Bedürfnissen entsprechen. Diese ausfindig zu machen und den Lernenden aufzuzeigen, dass man diese mit technischen Mitteln zumindest teilweise
befriedigen kann, ist derzeitig eine wichtige Aufgabe der Lehrenden an
Universitäten und Hochschulen - nicht zuletzt im Hinblick auf ein Publikum,
das in nicht allzu ferner Zukunft vor
Schülern stehen wird, die es zu einem aufgeklärten, kreativen und
verantwortlichen Umgang mit elektronischen Medien erziehen soll.
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Lernplattformen und Online-Tools
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ducation and Research) (nd).
(http://clear.msu.edu/login/; 30.08.2012).
CLEAR Conversation 2.1, siehe CLEAR.
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[1] Die Internetseite Language archive des
Max-Planck-Instituts Nimwegen informiert darüber, wie man Daten haltbar machen
kann und warum das angestrebt wird: Dieses Vorgehen fördert die
wissenschaftliche Zusammenarbeit in Europa, und es erleichtert die
Wiederverwendung von Daten für potentielle spätere Forschung.
(http://www.mpi.nl/research/research-projects/the-languagearchive/?searchterm=language%
20archive; 20.10.2012)