Der Einsatz von Werbeanzeigen
zur Erweiterung der interkulturellen Kompetenz im Unterricht Fremdsprachliche Wirtschaftskommunikation Französisch
Nadine
Rentel (Zwickau)
Abstract
(English)
The present
article deals with the central role of intercultural competence in foreign
language teaching. It argues that due to the relevance of the text type in
everyday life, to its multimodal character and to the relative shortness of the
texts, magazine advertisements are an appropriate means in the teaching of
intercultural communication. A methodological model is presented which has been
developed together with students, focused both on the description as well as on
the interpretation of cultural differences in advertising texts. These
theoretical reflections will be illustrated by a comparison of two selected
(French and German) car advertisements. The teaching results show that the
combination of verbal and visual elements in advertisements can improve
students’ understanding of intercultural communication processes.
Key words:
Text types, advertisements, intercultural competence, communication, French
Abstract
(Deutsch)
In
Studiengängen, deren Ziel darin besteht, die Studierenden zu einem kulturell
angemessenen (sprachlichen) Handeln zu befähigen, sollten Textsorten eingesetzt
werden, die die interkulturelle Dimension von Kommunikationsprozessen in
besonderer Weise thematisieren. In diesem Beitrag wird ein didaktisches Modell
dargestellt, mit dessen Hilfe deutsche und französische Werbeanzeigen aus dem
Bereich der Automobilwerbung analysiert und bestehende Divergenzen erklärt
werden können. Die detaillierte Darstellung zweier ausgewählter
Vergleichsanzeigen ermöglicht den unmittelbaren Einsatz des Materials im
Unterricht.
Stichwörter: Textsorten,
Werbeanzeigen, interkulturelle Kompetenz, Kommunikationsprozesse, Französisch
1
Einleitung
Interkulturelle Kompetenz ist im
Rahmen der zunehmenden Internationalisierung der Hochschulen zu einer
Schlüsselkompetenz für Studierende unterschiedlicher Fachrichtungen geworden,
da diese im Rahmen von auslandsorientierten Studiengängen, international
anerkannten Doppelabschlüssen oder durch den mit Hilfe von Stipendienprogrammen
geförderten Aufenthalt an ausländischen Hochschulen mit fremdkulturellen
Erfahrungen konfrontiert werden. Um das Entstehen und Verfestigen negativer
Stereotype im Kontakt mit der fremden Kultur zu vermeiden, sollten die
Studierenden in speziell zu diesem Zweck konzipierten Methodentrainings für
kulturbedingte Unterschiede im Kommunikationsverhalten sowie für die
Notwendigkeit sensibilisiert werden, eigenkulturelle Wertesysteme zu
relativieren. In besonderem Maße trifft dies auf Studierende in
wirtschaftswissenschaftlichen Studiengängen zu, da interkulturelle Konflikte im
geschäftlichen Kontext weitreichende Folgen haben können, sowie auf Studierende
der Sprach- und Kulturwissenschaften, die zu Mittlern bzw. Mediatoren zwischen
den Kulturen ausgebildet werden.
Das Bewusstsein für kulturelle
Unterschiede zwischen Sprach- und Kulturräumen nimmt im Kontext der
Globalisierung der Handelsbeziehungen einen ständig wachsenden Stellenwert ein.
Ein Nichtbeachten kulturbedingter Kommunikationsgewohnheiten des Gegenübers
kann in der interkulturellen Kommunikation zu Missverständnissen bzw. zum
Abbruch der Kommunikation führen (vgl. Lüsebrink 2008: 32). Im Kontext der
unternehmensexternen Kommunikation steht neben dem Fortbestehen der
Geschäftsbeziehung das Image des Unternehmens auf dem Spiel. Aus diesem Grund
sollte, wie bereits erwähnt, die Vermittlung einer interkulturellen Kompetenz
in einem modernen universitären (Fremdsprachen)Unterricht zu einem möglichst
frühen Zeitpunkt auf dem Lehrplan stehen. Sowohl an der Wirtschaftsuniversität
Wien[1],
an der das didaktische Konzept sowie das Lehrmaterial konzipiert und im
Unterricht eingesetzt worden ist, als auch an der Westsächsischen Hochschule
Zwickau, an die die Autorin mit Beginn des Wintersemesters 2011/2012 gewechselt
ist, besteht das Ziel der fremdsprachlichen Ausbildung der Studierenden darin,
diese zu einem erfolgreichen - d.h. kulturell angemessenen sprachlichen (und
nicht-sprachlichen) - Handeln im Kontext der interkulturellen geschäftlichen
Kommunikation zwischen Deutschen und Franzosen zu befähigen.
Um interkulturelles Lernen zu
ermöglichen, wird in interkulturellen Trainingsseminaren häufig mit der Methode
der Critical Incidents, also
kritischen Interaktionssituationen, gearbeitet. Neben dem Einsatz dieses
äußerst effizienten Instruments, das insbesondere die handlungsorientierte
Ebene anspricht, sollte nicht unberücksichtigt bleiben, dass Kultur an Sprache
gebunden ist und sich Kulturelles auf der sprachlichen und textuellen Ebene
manifestiert. Die Arbeit mit sprachlichem Material hat daher das Ziel,
kulturspezifische Textsortenkonventionen herauszuarbeiten und bestehende
Divergenzen anhand der zugrundeliegenden Normen- und Wertesysteme zu
erklären.
Werbekommunikation gehört als Bestandteil des Marketing-Mixes eines
Unternehmens - der neben der Produkt-, Preis- und Distributionspolitik die
Kommunikationspolitik umfasst - zu einer der zentralen Aktivitäten der
Wirtschaftskommunikation, wodurch der Bezug zur Zielgruppe gewährleistet ist.
Als Spiegel mentalitätsbedingter und kulturraumspezifischer Aspekte berührt die
Werbekommunikation die interkulturelle Dimension in verdichteter Form, so dass
ein Vergleich der eigenen Kulturstandards mit fremdkulturellen Wertesystemen
und in der Folge ein kritisches Hinterfragen des eigenen Bezugssystems möglich
wird. Die Werbekommunikation eignet sich zudem aufgrund ihres zentralen
Stellenwerts für die Alltagskultur in besonderer Weise für eine
kulturkontrastive Analyse (vgl. Stöckl 2004: 233). Die Studierenden kennen
Werbekommunikate und können aktiv zur Diskussion beitragen. Die relative Kürze
der Texte ermöglicht zudem einen Einsatz ab einem relativ frühen
Kompetenzniveau der Lernenden.
Werbekommunikation umfasst vier unterschiedliche mediale
Erscheinungsformen (vgl. Janich 1999): Anzeigen und Plakate im Printbereich,
Radiowerbung, Fernsehwerbung sowie die Realisierung in neuen medialen
Gattungen, z.B. im Internet. Sie tritt somit in dynamisch-sequentieller Form
(z.B. Fernseh- oder Kinospot) oder aber als statisches Kommunikat (z.B. Plakate
oder Anzeigen) auf. Innerhalb der unterschiedlichen Erscheinungsformen,
Zielsetzungen und Arten von Werbung wird im vorliegenden Zusammenhang im
Hinblick auf die zu erreichenden Lernziele eine Eingrenzung auf den Bereich der
Produktwerbung vorgenommen. Im vorgestellten Kursformat liegt der Fokus aus
methodischen Gründen auf den Printmedien (da die Studierenden im Vorfeld der
Analyse von Fernsehspots erst umfassende Transkripte anfertigen müssten), wobei
das didaktische Modell anhand der Automobilwerbung im deutsch-französischen
Vergleich exemplifiziert wird. Die Wahl fiel auf die Automobilwerbung, da Autos
nicht nur als technisch anspruchsvolles Produkt mit einem relativ hohen
Finanzierungsaufwand beworben werden, sondern - aufgrund des zusätzlichen
emotionalen Nutzens - kulturspezifische Werte und Emotionen thematisieren.
Im vorliegenden Beitrag wird ein auf
der Niveaustufe B1 / B2 an der Wirtschaftsuniversität Wien erprobtes
Unterrichtsmodell vorgestellt, das anhand von zwei deutsch-französischen
Vergleichsanalysen aus dem Bereich der Automobilwerbung exemplifiziert wird.
Die detaillierte Darstellung der Arbeitsergebnisse erlaubt einen unmittelbaren
Einsatz des Materials im Fremdsprachenunterricht. Zu Beginn des Beitrags werden
die zu erreichenden Lernziele definiert sowie die semiotische Komplexität von
Werbekommunikaten reflektiert, da die Berücksichtigung des Zusammenspiels
sprachlicher und nicht-sprachlicher Inhalte grundlegend für eine adäquate
Textanalyse ist (vgl. Rentel 2005) und die multimodalen Wechselbeziehungen
zwischen Textteilen einen zentralen Stellenwert im nachfolgend vorgestellten
Analysemodell einnehmen.
2
Lernziele
Übergeordnetes Lernziel der Kursformen an der Wirtschaftsuniversität
Wien sowie an der Westsächsischen Hochschule Zwickau ist es, die
interkulturelle Kompetenz der Studierenden,
die auf dem Arbeitsmarkt, aber auch bereits im Studium (z.B. im Rahmen von
Auslandspraktika und -semestern) als Schlüsselqualifikation gefordert wird
(vgl. Bolten 2007), zu erweitern. Interkulturelle Kompetenz
[…] lässt sich als das Vermögen definieren, mit fremden Kulturen und ihren Angehörigen in adäquater, ihren Wertesystemen und Kommunikationsstilen angemessener Weise zu handeln, mit ihnen zu kommunizieren und sie zu verstehen. (Lüsebrink 2008: 9)
Aus dieser Definition des Begriffs Interkulturelle Kompetenz
ergibt sich eine Binnendifferenzierung in die drei Dimensionen der Verhaltens-,
der Kommunikations- und der Verstehenskompetenz (vgl. Lüsebrink 2008: 9). Im
universitären Fremd- bzw. Fachsprachenunterricht liegt der Fokus auf den beiden
letztgenannten Ebenen, wobei anhand geeigneter Übungsformen (z.B. durch die
Arbeit mit Critical Incidents) auch
die Dimension der Verhaltenskompetenz berücksichtigt werden sollte.
Im Kontext der Verstehenskompetenz wird besonderer Wert darauf gelegt,
bei den Studierenden ein Bewusstsein für die Tatsache zu wecken, dass sich im
Laufe der Jahrhunderte in Sprach- und Kulturräumen unterschiedliche
Diskursnormen und Vertextungskonventionen herausgebildet haben. Die
Kursteilnehmer sollen dafür sensibilisiert werden, dass die Diskursinhalte, die
sprachliche und formale Gestaltung von Texten und deren Struktur an die
Rezeptionsgewohnheiten der jeweiligen Zielkultur angepasst werden müssen, damit
die Kommunikation im interkulturellen Kontext erfolgreich ist. Daher soll am
Beispiel von Werbeanzeigen gemeinsam mit den Studierenden erarbeitet werden,
dass es bei der Konzeption von Werbekommunikaten im Kontext der
interkulturellen Kommunikation von entscheidender Bedeutung sein kann,
sprachliche und bildliche Werbeaussagen adaptiv umzusetzen, d.h.
kulturraumspezifische Besonderheiten zu berücksichtigen. Wie bereits weiter
oben dargelegt, kann ein Fehlschlagen der Kommunikation gerade im Bereich der
externen Unternehmenskommunikation erhebliche wirtschaftliche Folgen haben und
im Extremfall zu einem langfristigen Imageschaden eines Unternehmens führen.
Die Tragweite dieser Überlegung bzw. die Relevanz der Fragestellung
wird den Studierenden zum Einstieg in etwas überzeichneter Form anhand einer
fiktiven Werbekampagne für Erfrischungsgetränke deutlich gemacht[2].
Die Studierenden haben die Aufgabe, das aus drei visuellen Elementen
bestehende Werbekommunikat zu beschreiben und die ihrer Meinung nach zentrale
Werbebotschaft zusammenzufassen. Hierzu wird zunächst angenommen, dass das
Werbekommunikat in einer westeuropäischen Hauptstadt rezipiert wird. In der
Regel verstehen die Teilnehmer die Bildfolge dahingehend, dass ein erschöpfter
Mann auf einer Sanddüne in der Wüste liegt, das beworbene Erfrischungsgetränk
konsumiert und sich anschließend wieder in körperlicher Bestform befindet.
Anschließend soll die Frage beantwortet werden, ob sich die zentrale Aussage
ändert, wenn das Kommunikat in einer Stadt des Nahen Ostens platziert wird. Auf
diese Weise wird den Studierenden bewusst, dass die Rezeptionsgewohnheiten
einer Kulturgemeinschaft bei der Textproduktion beachtet werden müssen, denn in
arabischsprachigen Ländern kehrt sich die Leserichtung im Vergleich zu den uns
vertrauten europäischen Sprachen um, so dass die Werbebotschaft in das
Gegenteil verkehrt wird.
Die interkulturelle Perspektive im Kontext der Analyse von
Werbekommunikation geht also davon aus, dass jede Form von Kommunikation
kulturgebunden ist. Sie beschäftigt sich konkret mit der Frage, ob es möglich
ist, “globale” bzw. standardisierte Werbung zu betreiben, d.h. ein identisches
Konzept in unterschiedlichen Kulturen zu verwenden, oder ob die Gestaltung von
Werbeanzeigen kulturspezifischen Besonderheiten folgt. In diesem Rahmen werden
den Studierenden drei zentrale Marketingkonzepte vorgestellt. Während bei der Lokalisierungsstrategie durch eine
häufig kostenintensive Adaptation von Inhalt und Form des Kommunikats eine
gezielte Ansprache der Kunden gewährleistet ist, besteht der Grundsatz der Globalisierungsstrategie darin, eine
einheitliche Werbebotschaft in unterschiedlichen Kulturräumen einzusetzen.
Dadurch können Kostendegressionseffekte erzielt werden, jedoch besteht das
nicht unerhebliche Risiko, dass der kommunikative Erfolg gemindert wird. Einen
Kompromiss zwischen den beiden dargestellten Strategien stellt schließlich der
Ansatz der Glokalisierung dar.
Zentrale Elemente der Botschaft (z.B. die Kernaussage oder bildliche Elemente)
werden an die jeweilige Zielkultur angepasst, wobei gleichzeitig ein
gemeinsamer Rahmen beibehalten wird.
Neben der Herausbildung einer interkulturellen Kompetenz sollen die
Studierenden wissenschaftliches Methodenwissen erwerben, was im konkreten Fall
die Fähigkeit betrifft, deutsche und französische Werbekommunikate systematisch
miteinander zu vergleichen und für den jeweiligen Kulturraum charakteristische
Kommunikationsstrategien herauszuarbeiten. Weiterhin sollen die Studierenden
mit Fragen der empirischen Linguistik (z.B. Erstellung und Auswertung von
Korpora, Fragen der Repräsentativität) vertraut gemacht werden.
3 Didaktisches Modell
Anhand einer Beispielanalyse, in deren Rahmen die Studierenden in Form
eines Brainstormings Unterschiede zwischen einer ausgewählten deutschen und
französischen Werbeanzeige identifizieren und benennen sollen, wird in der
Veranstaltung gemeinsam ein Raster entwickelt, anhand dessen die deutschen und
französischen Werbeanzeigen systematisch analysiert und verglichen werden
können. Im Vorfeld werden - je nach dem Kenntnisstand der Teilnehmer - die Funktionen
sowie die zentrale Terminologie hinsichtlich der relevanten Bestandteile
(Headline, Fließtext, visueller Anzeigenteil) der Anzeigen geklärt. Die
Kursteilnehmer sind bis zu diesem Zeitpunkt hinsichtlich der folgenden
Gesichtspunkte sensibilisiert worden.
In welchen Teiltexten lassen sich die nationalen Kommunikationskulturen
und Vertextungskonventionen identifizieren? Diese interlingualen Divergenzen
können verbale und visuelle Bestandteile der Werbeanzeige betreffen (z.B.
nationale Symbole und visuelle Kontexte, in die die Präsentation des Automobils
eingebettet ist), Sprache-Bild-Bezüge, kulturraumbedingte Kommunikationsstile
(z.B. Adressatenorientierung), oder Kommunikationsinhalte (technische Daten,
Umweltfreundlichkeit oder Ästhetik als primäre Informationselemente). Sollten
Unterschiede zu identifizieren sein, so muss weiterhin untersucht werden, ob
diese immer und ausschließlich für den deutschen bzw. französischen Kulturraum
gelten oder ob es sich lediglich um Tendenzen handelt. In einem weiteren
Schritt sollen die Studierenden versuchen, die von ihnen identifizierten
Divergenzen vor dem Hintergrund deutscher und französischer Kulturstandards zu
interpretieren, die vorher anhand der gängigen Modelle aus der
Interkulturalitätsforschung erarbeitet worden sind. In diesem Kontext wird auf
die Gefahr der Stereotypisierung hingewiesen, indem die eingeschränkte
Repräsentativität der Ergebnisse kritisch reflektiert wird. Schließlich besitzt
die Frage nach der praktischen Umsetzbarkeit der Ergebnisse der Studie
Relevanz.
Dieses Modell lässt sich zusammenfassend wie folgt darstellen:
1) Absicherung der Vertrautheit der Studierenden mit den Bestandteilen von
Werbeanzeigen und der dazugehörigen Terminologie,
2) Rezeption der deutschen und französischen
Werbeanzeige,
3) Klärung unbekannter Wörter und Strukturen
in der Fremdsprache Französisch,
4) Identifizierung von Gemeinsamkeiten und
Unterschieden in den beiden Sprachen: Erarbeitung dieser in Kleingruppen,
5) Sammlung der Ergebnisse im Plenum:
Systematisierung der Ergebnisse und Erarbeitung eines Analyserasters, das eine
systematische, vergleichende Analyse von Werbekommunikaten unter
Berücksichtigung der folgenden Fragen erlaubt:
- Auf welchen Ebenen / in welchen Teiltexten der Werbeanzeige manifestieren sich kulturspezifische Gestaltungsmerkmale?
- Welche Kommunikationsinhalte, kulturraumbedingten Kommunikationsstile oder visuell-verbalen Gestaltungsmerkmale sind charakteristisch für den französischen bzw. den deutschen Kulturraum?
- Lassen sich die identifizierten Unterschiede ausschließlich einem Kulturraum zuweisen?
- Für welche Bereiche haben die Ergebnisse der Studie Relevanz?
6) Entwicklung von Erklärungsmodellen für die
identifizierten Unterschiede (Kulturstandards).
Das entwickelte Modell wird in der Folge auf sämtliche Beispielanalysen
im Seminar angewendet.
4 Die
semiotische Komplexität von Werbeanzeigen
Werbeanzeigen setzen sich aus
sprachlichen und bildlichen Elementen zusammen, wobei sich beide Zeichensysteme
in einer engen formalen und inhaltlichen Interaktion befinden (vgl. Bucher
2007). Für eine adäquate Analyse muss die Dichotomie
zwischen Sprache und Bild aufgehoben werden; diese methodische
Grundlage der Werbeanalyse wird zu Beginn des Seminars mit den Studierenden
erarbeitet. Werbeanzeigen bzw. Werbekommunikate jeglichen Formats werden als
multimediale bzw. multimodale Texte bezeichnet. Multimediale Texte sind solche
Texte, in denen
verbale
und nonverbale Zeichen sich gegenseitig ergänzen und wechselseitig
determinieren können […] und in denen jedes Zeichensystem spezifisch an der
Konstitution von Textbedeutung beteiligt ist und der verbale und der nonverbale
Textteil erst durch den Gesamttext verständlich werden. (Spillner 1982: 84)
Für die Dekodierung der Werbebotschaft wird der bildliche Anzeigenteil
nicht lediglich als schmückendes Beiwerk betrachtet, sondern
[d]ie
gesamte Werbeanzeige wird als ein Text aufgefasst, an dessen Konstitution
sowohl bildliche als auch verbale Textelemente beteiligt sein können und in der
Regel auch beteiligt sind. (Spillner 1982: 92)
Für Werbeanzeigen, die
das Materialkorpus für das in diesem Aufsatz vorgestellte Unterrichtsmodell
konstituieren, sind lediglich zwei semiotische Zeichencodes relevant:
die schriftlich realisierte Sprache und die bildlichen Elemente. Somit kann man
hier von Bi-Modalität (bzw. Bi-Medialität) sprechen. In anderen Formaten, z.B.
in Fernseh-Werbespots, kommen noch die gesprochene Sprache, Mimik, Gestik,
Stimmen und Musik hinzu. In dem
gemeinsam mit den Kursteilnehmern entwickelten Analyseraster für den Werbevergleich
nimmt daher der visuelle Anzeigentext bzw. das Zusammenspiel zwischen verbalen
und non-verbalen Anzeigenelementen einen zentralen Stellenwert ein:
Kulturspezifisches manifestiert sich auch (und insbesondere) in der Wahl der
Bildelemente.
5 Beispielanalysen
Im Folgenden werden für zwei deutsch-französische Anzeigenpaare
systematisch bestehende Unterschiede in Headline, Fließtext und visuellem
Anzeigentext herausgearbeitet. Die vorgestellten Ergebnisse beruhen dabei auf
den Seminardiskussionen.
5.1.1 Die Headlines
Die Headline der französischen Anzeige (Abb. 1) (Nouvelle Citroën
C3. Le Visiodrive) informiert den
Leser im ersten Teil sowohl über den Hersteller als auch über das konkret
beworbene Modell und enthält im zweiten Teil den Zusatz Le Visiodrive. Weiterhin beinhaltet die
Anzeige eine Sub-Headline, die den Kraftstoffverbrauch und den geringen CO2-Ausstoß
herausstellt. Die zentrale Werbebotschaft (Umweltfreundlichkeit) ist
austauschbar und könnte in dieser Form auch von anderen Herstellern verwendet
werden; eine unique selling
proposition wird nicht kommuniziert.
Anders als in der französischen
Headline (Abb. 1) werden in der deutschen Anzeige (Abb. 2) weder die Fahrzeugmarke noch das Modell benannt. Der infinitivische Aussagesatz
mit Appellfunktion stellt die Werbeaussage heraus, dass einerseits der Fahrer
dank der großen Scheiben eine bessere Sicht hat; darüber hinaus wird auf das
Fahrerlebnis, das Kennenlernen neuer Orte durch Reisen mit Hilfe des beworbenen
Fahrzeugs hingewiesen. Unterhalb des Bildteils, als Überschrift des
Fließtextes, ist eine zweigliedrige Sub-Headline (Der neue Citroën C3. Der
Visiodrive) platziert, die
eine der französischen Headline identische Struktur aufweist und den
Leser über das beworbene Automobil informiert.
Die Studierenden erklärten den unterschiedlichen Stellenwert der
Verbrauchs- und Emissionswerte in der deutschen und französischen Anzeige mit
unterschiedlich verlaufenen gesellschaftlichen und rechtlichen Entwicklungen in
beiden Ländern. Während die Umweltfreundlichkeit in Deutschland bereits vor
mehr als zehn Jahren als zentrales verkaufsförderndes Argument für Automobile
eingesetzt wurde, spielt dieser Aspekt in Frankreich erst seit einem
vergleichsweise kurzen Zeitraum eine Rolle. Die Änderung im Umweltbewusstsein
mag dabei von der europäischen Gesetzgebung – der Festlegung einer Obergrenze
für Abgaswerte – beeinflusst worden sein. Es wird deutlich, dass kulturelle
Normen dem historischen Wandel unterliegen. Weiterhin verweisen die
Studierenden auf einen unterschiedlichen Stellenwert des Automobils in beiden
Ländern: Während es sich bei dem Auto in Deutschland oftmals um ein Statussymbol
handelt, bevorzugen französische Fahrer generell kleinere und damit
benzinsparende Fahrzeuge.
5.1.2 Die Fließtexte
Im französischen Fließtext wird der Bereich des Emotionalen sprachlich
expliziert: Wichtig sind das Erleben und die Wirkung des Fahrzeugs auf den
Fahrer (expérience sensorielle; les sensations de conduite; vivre
l’expérience). Ein
deutlicher Fokus liegt weiterhin auf dem Design und der Ästhetik des Citroën
C3; einzelne Merkmale der Karosserie (design avant-gardiste, un profil
athlétique, des courbes avenantes, ergonomie, confort intérieur) werden anhand von Metaphorisierungen und
Personifizierungen herausgestellt. Im Vergleich zum deutschen Fließtext wird
der bereits in der Headline thematisierte Umweltaspekt wieder aufgenommen (Avec
une technologie au service de l’environnement […] son moteur n’émet que 99g de
CO2 / km et ne consomme que […]). Das zentrale Verkaufsargument
der deutschen Anzeige - die große Windschutzscheibe - wird im französischen
Fließtext lediglich zweimal erwähnt (pare-brise und surface
vitrée). Was die verbale
Interaktion mit den Adressaten angeht, so wendet sich der französische
Fließtext zweimal anhand von Personalpronomina bzw. Imperativen an das
Zielpublikum ([…] vous invitent à vivre l’expérience; Laissez-vous
surprendre).
Im Fließtext der deutschen Anzeige
wird durch das Wortfeld des Sehens Textkohärenz geschaffen: Durch ein
semantisches Wortnetz (Windschutzscheibe,
Panorama-Rundumsicht, Aussichten, Lichtblick) wird der zentrale Produktvorteil aus der Headline aufgenommen und
sprachlich ausgestaltet. Designaspekte spielen keine Rolle; hingegen werden
gezielt einzelne, auf den Innenraum und das Platzangebot des Fahrzeugs bezogene
Ausstattungsdetails, aufgegriffen (Raumkonzept, kompakte Außenmaße,
großzügiger Innenraum). Ein weiteres Argument ist der Fahrspaß. Ebenso wird
der geringe CO2-Ausstoß erwähnt, der prominent in der französischen
Headline platziert ist, im deutschen Beispiel jedoch eine untergeordnete Rolle
spielt. Die einzige Form der Adressatenorientierung befindet sich am Ende des
Fließtextes, wenn der Rezipient in Form eines Aussagesatzes zur Probefahrt
aufgefordert wird (Mehr vom Citroën C3 sehen Sie bei einer Testfahrt oder
schon ab € 12.700,-).
Die Studierenden arbeiteten heraus,
dass hinsichtlich der nachzuweisenden Kommunikationsinhalte das
Verkaufsargument des Designs bzw. der Ästhetik in der französischen Anzeige
eine wichtigere Stellung einnimmt als in der deutschen Anzeige, in der die
nüchtern-sachliche Auflistung einzelner Produktvorteile zu beobachten ist.
Erotisierungen des beworbenen Fahrzeugs bzw. Personifizierungen, wie sie sich
im französischen Beispiel nachweisen lassen, liegen im deutschen Beleg
ebenfalls nicht vor. Auch die unterschiedlichen Kommunikationsstile wurden von den Studierenden identifiziert. Zudem
wurde festgehalten, dass im Französischen die verbale Interaktion mit dem
Zielpublikum im Vergleich zum Deutschen als direkter, expliziter und
personalisierter zu charakterisieren ist.
5.1.3 Die visuellen Anzeigentexte
In der französischen Anzeige ist das beworbene Fahrzeug in schwarzer
Lackierung abgebildet. In der Windschutzscheibe spiegeln sich Wolken vor blauem
Himmel. Diesen visuellen Anzeigenteil brachten die Studierenden inhaltlich mit
dem in der Headline angeführten Umweltargument in Verbindung und stellten
heraus, dass auf diese Weise Raum für freie Assoziationen des Rezipienten
bleibt.
In der Frontscheibe des ebenfalls schwarz lackierten Citroën der deutschen
Anzeige ist der Eiffelturm in Regenbogenfarben zu erkennen, während in den
Seitenscheiben die Silhouette französischer Bürgerhäuser, wie sie sich am
Seine-Ufer befinden, sichtbar ist. Durch die Abbildung eines Nationalsymbols -
dem Eiffelturm - wird auf das Eskapismusbedürfnis der deutschen Rezipienten
angespielt, die von der französischen Hauptstadt fasziniert sind und diese in
der Regel mit nahezu ausschließlich positiven Assoziationen verbinden. Das
bewusst offen formulierte Mehr sehen von
der Welt in der Headline erfährt somit durch den visuellen Anzeigenteil
eine Konkretisierung bzw. Exemplifizierung.
Die Studierenden erkannten, dass im visuellen Anzeigenteil der
französischen Anzeige keine nationalen, typisch französischen Elemente
abgebildet werden und erklärten dies unter anderem damit, dass der französische
Charakter des beworbenen Automobils (la
francité) für den deutschen Markt gezielt hervorgehoben werden soll.
Positive Attribute, die die Leser mit Frankreich im Allgemeinen und mit Paris
im Besonderen verbinden, sollen auf diese Weise auf das Produkt übertragen
werden. Die Studierenden merkten zudem an, dass die Abbildung des Eiffelturms
in Frankreich vermutlich nicht nur wirkungslos bliebe, sondern abwehrende
Reaktionen hervorrufen könnte, da sich aufgrund des immer noch zentralistisch
organisierten Staates Paris als Hauptstadt, in der die wichtigsten
Institutionen - und damit die gesellschaftliche und politische Macht -
angesiedelt sind, in einem Konkurrenzverhältnis zu den Provinzstädten befindet.
Schließlich ist Paris für viele Franzosen aufgrund der schwierigen
Lebensverhältnisse (z.B. hohe Lebenshaltungskosten, Stress, problematischer
Wohnungsmarkt) negativ konnotiert.
Auf das Gesamtkonzept der Anzeige bezogen, wiesen die Kursteilnehmer auf
das unterschiedliche Reiseverhalten von Deutschen und Franzosen hin und hoben
die Tatsache hervor, dass die Deutschen andere europäische Länder gern im
eigenen Auto bereisen.
5.2 Analyse II: BMW X1
5.2.1 Die Headlines
Die französische Headline (Abb. 3) (La joie a toujours la permission de minuit) erlaubt
keinerlei Rückschlüsse auf die Produktklasse oder gar das Modell. Hervorgehoben
werden die Argumente Freude und Spaß (joie).
Wie die französische Headline lässt das deutsche Äquivalent (Freude ist der schönste Start in den
Tag) die Rezipienten hinsichtlich der
Produktkategorie, der Marke oder des Modells im Unklaren, jedoch ist anhand des
Lexems Freude eine Inferenz aufgrund
des langjährigen BMW-Slogans „Aus Freude am Fahren“ möglich (Abb. 4).
Auffällig ist die semantisch diametrale Opposition von Tag in
der deutschen und ‚Mitternacht’ (minuit) in der französischen Anzeige.
Diese semantische Opposition wird auch in den jeweiligen visuellen
Anzeigentexten aufgenommen.
5.2.2 Die Fließtexte
Im französischen Fließtext lassen sich fünf Belege des Lexems joie (‘Freude’) nachweisen.
Das Lexem joie wird dabei personifiziert, indem ihm Vorlieben, Gefühle
und bestimmte menschliche Verhaltensweisen zugeschrieben werden (la joie
n’aime pas faire comme tout le monde. La joie, elle, préfère continuer. La joie aime les
aventures. La joie a l’esprit grand ouvert etc.). Das Fahren in dem beworbenen BMW, mit
dessen Hilfe unbekannte Stadtteile entdeckt, Sterne beobachtet und im Freien
übernachtet werden soll (Partir sur un coup de tête à la découverte d’un
quartier encore inconnu, ou même partir un soir à la conquête des étoiles, le
coffre chargé d’un téléscope et de sacs de couchage.), wird romantisiert
bzw. stark emotional aufgeladen. In erster Linie soll das
Fahrzeug dazu dienen, das vor allem in der Nacht angesiedelte Freizeitverhalten
angenehmer zu gestalten.
Im deutschen Fließtext hingegen spielen Emotionen und Romantik keine
Rolle. Hervorgehoben werden neutrale Ausstattungsdetails bzw. Produktvorteile
wie z.B. das Raumangebot, das Design, die Motorisierung und die Sparsamkeit des
BMW. Kohäsion wird durch das aus dem Basislexem Freude bestehende
Wortnetz (Freude / Fahrfreude / Vorfreude) geschaffen. Im letzten Satz, in dem die Leser zur
Einholung weiterer Informationen aufgefordert werden, erfolgt durch das
Personalpronomen ein expliziter Adressatenbezug (Mehr bei Ihrem BMW-Partner).
Die erarbeiteten Unterschiede zwischen der deutschen und der
französischen Anzeige interpretierten die Studierenden vor dem Hintergrund des
unterschiedlichen Stellenwerts der Arbeit - sowie der Arbeitszeiten -
einerseits und der Freizeit andererseits in den untersuchten Kulturen: Während
die Arbeit in Deutschland in der Regel früh morgens aufgenommen wird, beginnen
die Berufstätigen in Frankreich später und verlagern ihre Freizeitaktivitäten
entsprechend in den Abend.
5.2.3 Die visuellen Anzeigentexte
Sowohl im französischen als auch im deutschen visuellen Anzeigenteil
ist ein in Metallic Braun lackierter BMW X1 abgebildet. Während sich im
französischen Beleg aber auf dem Fahrzeug und auf der feuchten Fahrbahn das
Mondlicht bzw. das Licht der Straßenlaternen und der Hafenanlagen spiegelt,
welche der BMW X1 vom linken zum rechten vorderen Anzeigenrand durchquert,
bewegt sich das Fahrzeug im deutschen Beispiel von rechts zum linken vorderen
Anzeigenrand; Sonnenlicht glänzt auf dem Fahrzeuglack (wodurch der semantische
Kontrast zwischen ‚Tag‘ und ‚Nacht‘, der in den Headlines angesprochen wird, im
Bildteil wieder aufgenommen wird).
6 Zentrale Ergebnisse der Arbeit im Seminar
Die Analyse authentischer Werbekommunikate aus Deutschland und
Frankreich vermittelte den Studierenden die Erkenntnis, dass sich auch im
Zeitalter der Globalisierung Werbekonzepte nicht einfach von einer Ausgangs-
auf eine Zielkultur übertragen lassen:
Hochentwickelte
Transport- und Informationsnetze haben aus der Welt zwar ein global village
gemacht, aber dennoch bleiben tiefe Differenzen. Nach wie vor bestimmen auch in
der Europäischen Union kulturelle Traditionen und Bindungen, und damit
Unterschiede zwischen den Mitgliedsstaaten, das alltägliche Leben und
überwiegen gegenüber der ökonomisch-technischen Standardisierung. (Hahn 2000:
23)
Zum einen wirkt sich die Globalisierung der Warenströme nicht
automatisch vereinheitlichend auf die Konzeption von Werbestrategien aus. Zum
anderen führt die enge Kooperation zwischen den europäischen Mitgliedsstaaten
zu einer stärkeren Ausprägung nationaler Unterschiede
(Relokalisierungstendenzen), denen in Werbekampagnen Rechnung getragen werden
muss, „[d]enn der europäische Einigungsprozess hat gleichzeitig auch zu einer
stärkeren Orientierung hin zu kulturellen, sprachlichen und nationalen
Identitäten geführt.“ (Hahn 2000: 23).
Ein wichtiges Ergebnis des Werbevergleichs im Seminar bestand jedoch
auch darin, dass sich Belege fanden, in denen sich Form und Inhalt der
Werbebotschaft sehr stark ähnelten.
Unterschiede zwischen deutschen und französischen Werbeanzeigen
manifestierten sich in allen Teiltexten. Auf der Ebene der Werbeargumente bzw.
Kommunikationsinhalte lagen sowohl deutsche und französische Anzeigen vor, in
denen exakt die gleichen Produktvorteile unterstrichen wurden, als auch Belege,
in denen unterschiedliche Aspekte hervorgehoben wurden. Es zeichnet sich für
das Deutsche die Tendenz ab, das Fahrvergnügen und die technische Perfektion
des Fahrzeugs zu unterstreichen, während in den französischen Belegen die
Sinnlichkeit bzw. die Ästhetik und Emotionalisierung eine größere Rolle
spielten. Die Fließtexte waren im Deutschen häufig detaillierter und führten
mehr spezifische Ausstattungsdetails an als die französischen Texte.
Im Hinblick auf kulturraumbedingte Kommunikationsstile, insbesondere
die Adressatenorientierung betreffend,
suchen die Produzenten der französischen Anzeigen häufiger mittels Verbalformen
/ Imperativen oder Personal- und Possessivprononima die sprachliche Interaktion
mit den Rezipienten. Dieses Resultat deckt sich mit den Ergebnissen von Hahns
Studie (vgl. Hahn 2000: 32), der dem deutschen Kommunikationsstil eine
instrumentale Natur zuschreibt, wohingegen der französische Stil affektive
Elemente hervorhebe und auf diese Weise versuche, die Kommunikation durch eine
häufige Adressierung des Rezipienten zu personalisieren. An dieser Stelle sei
jedoch darauf hingewiesen, dass generalisierende und pauschalisierende Aussagen
mit kritischer Distanz zu bewerten sind. So geht Schroeder m. E. zu weit, wenn
er für Deutschland und Frankreich von „völlig gegensätzliche[n]
Kommunikationsstile[n]“ spricht (Schroeder 1994: 33): Die vorliegende Analyse
der Werbeanzeigen hat deutlich gezeigt, dass es problematisch ist, bestimmte
Kommunikationsstile in allen Fällen dem „deutschen“ bzw. dem „französischen“
Werbediskurs zuzuordnen. Allgemeingültige Regeln für die untersuchten Sprach-
und Kulturräume lassen sich somit nicht aufstellen. Auf die Gefahr der
Stereotypisierung wurden die Studierenden im Verlauf des Seminars mehrfach
hingewiesen.
Am Ende des Seminars wurde im Plenum
über die Anwendbarkeit der erarbeiteten Ergebnisse reflektiert. So wurde
beispielsweise angeregt, dass eine kulturvergleichende
Analyse von Werbeanzeigen für Werbeagenturen hilfreich bei der Kommunikationsplanung sein und auf
diese Weise einen Beitrag zur Textoptimierung leisten kann. Kulturvergleichende
Textanalysen können hierbei als Entscheidungsgrundlage für den geeigneten
Kommunikationsstil dienen, um eine optimale Adressierung der Zielgruppe zu
gewährleisten. Ebenso erscheint beim Abwägen gestalterischer Alternativen im
Rahmen der Produktion von Werbetexten der Rückgriff auf Forschungsergebnisse
zur kontrastiven Werbeanalyse sinnvoll.
7 Zusammenfassung und Ausblick
Das Lernziel, die Studierenden für kulturelle Unterschiede und
divergierende Textsortenkonventionen in der Wirtschaftskommunikation zu
sensibilisieren, konnte anhand der systematischen Analyse von Werbeanzeigen
erreicht werden. Zugleich konnten die Grenzen der Vorgehensweise im Seminar
kritisch reflektiert werden. Aktuell wird das didaktische Modell in einem
interkulturell ausgerichteten Seminar im Studiengang „Language and Business
Administration“ an der Westsächsischen Hochschule Zwickau weiter entwickelt.
Die besondere Herausforderung in der Lehre besteht darin, ein didaktisches
Konzept zu entwickeln, das es den Studierenden, die Studienanteile in
Betriebswirtschaft, Interkultureller Kommunikation und der französischen
Wirtschaftsfachsprache zu bewältigen haben, erlaubt, auf möglichst interessante
und authentische Art und Weise Kompetenzen für den kommunikativ angemessenen
Umgang mit französischen Geschäftspartnern zu erwerben. In sämtlichen Seminaren
müssen daher fremd- / fachsprachliche Inhalte mit Methoden der
Interkulturalitätsforschung kombiniert werden. Gegenwärtig wird das Modell mit
den Studierenden erprobt, die sich für eine Spezialisierung für den
französischen Kulturraum entschieden haben; eine Übertragung auf die weiteren
angebotenen Sprachen (Chinesisch und Spanisch) ist jedoch in Planung.
Weiterhin ist vorgesehen, eine kulturvergleichende Untersuchung von
Anzeigen vorzunehmen, die unterschiedliche Produktkategorien bewerben, um
festzustellen, ob es bestimmte Produktgruppen gibt, die besonders stark unter
Berücksichtigung kulturspezifischer Besonderheiten beworben werden. Auch
sollten andere multimodale Werbekommunikate, z.B. Werbespots, in die Analyse
einbezogen werden, da sich kulturelle Divergenzen in weiteren semiotischen
Codes (z.B. die nonverbale Kommunikation durch Mimik und Gestik oder die
Stimmqualität betreffend) manifestieren. Beide Aspekte werden im Wintersemester
2011/2012 im Rahmen von studentischen Belegarbeiten erarbeitet.
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[1] An der Wirtschaftsuniversität
Wien müssen die Studierenden, die im Studiengang Internationale Betriebswirtschaft eingeschrieben sind, neben den
betriebswirtschaftlichen Inhalten und dem Englischen eine zweite Fremdsprache
wählen. Der Studiengang Languages and
Business Administration an der Westsächsischen Hochschule Zwickau
kombiniert betriebswirtschaftliche und fremd-/fachsprachliche Inhalte und legt
einen weiteren Schwerpunkt auf den Bereich der Interkulturellen Kommunikation
in Interaktionssituationen des Alltags und Berufs. In den Lehrveranstaltungen
wird großer Wert darauf gelegt, die Fachsprachendidaktik mit der Vermittlung
interkultureller Kompetenzen zu kombinieren. Als Sprachenschwerpunkte können in
Zwickau das Chinesische, das Französische oder das Spanische gewählt werden.