Wissenschaftlicher Sammelband, herausgegeben von Thomas Tinnefeld unter Mitarbeit von Ines-A. Busch-Lauer, Hans Giessen, Michael Langner, Adelheid Schumann. Saarbrücken: htw saar 2012. ISBN 978-3-942949-00-2.



Translation Skills und sichere Grammatikkenntnisse –
unmodern im fachsprachlichen Unterricht?

Kerstin Steinberg-Rahal (Ilmenau)


Abstract (English)
Soft skills, which in the broader sense also include foreign language skills, are crucial for success in business. Practical experience, however, shows that students lack basic and immediately utilizable grammar skills, leading to unpreparedness for study-related tasks and, ultimately, to unpreparedness for employment. These deficits are especially apparent in oral translations of texts from the first language into a foreign language and vice versa. This problem area will be illustrated by means of examples taken from university level business English lessons. It will be derived that students entering university possess insufficient English grammar skills and lack routine in translating, even though only limited opportunities for improvement of basic skills can be offered at institutions of higher education.
Key words: employability skills, language knowledge, grammatical knowledge, LSP-teaching


Abstract (Deutsch)
Employability Skills umfassen im erweiterten Sinne auch das fremdsprachliche Können und sind in der Industrie unabdingbar. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass Studierende in Bezug auf verfügbare und jederzeit abrufbare Grammatikgrundkenntnisse ungenügend auf ein Studium bzw. die spätere berufliche Tätigkeit vorbereitet sind. Insbesondere bei der Übertragung eines Textes aus der Fremdsprache in die Muttersprache und umgekehrt - also dem Übersetzen vom Blatt - wird dieses Defizit offenkundig. Diese Problematik wird anhand von praktischen Beispielen aus dem fachsprachlichen Unterrichtsgeschehen gezeigt. Es wird deutlich, dass die Studierenden mit ungenügenden Kenntnissen der englischen Grammatik und fehlender Übung im Übersetzen bzw. Übertragen an die Universität wechseln, wo nur noch eingeschränkte Gelegenheit zur Behebung dieser Defizite besteht.
Stichwörter: Employability Skills, Sprachkönnen, Grammatikkennnisse, translation, Fachsprachenunterricht





1   Employability Skills: Beschäftigungsfähigkeit und Sprach-unterricht

Die Umgestaltung des Fremdsprachenangebotes an der TU Ilmenau orientiert sich an der Frage, wie der Ingenieur-Absolvent mit Bachelor- oder Masterabschluss aus Sicht der Fremdsprache Englisch, auf die an der TU Ilmenau besonderer Wert gelegt wird, auf seine spätere Berufstätigkeit vorbereitet wird. Das ewig währende Stereotyp, nach dem ein Ingenieur keiner besonderen sprachlichen Vorbereitung - unbesehen ob muttersprachlich oder auf eine Fremdsprache bezogen - bedarf, weil sein fachlich-technisches Vermögen für ihn spricht, gehört zur Geschichte des Berufsstandes. Die Industrie hat nach der Umstellung des Studienprozesses auf Bachelor- und Masterabschlüsse jedoch sehr schnell den Bachelor anerkannt, der nach einer firmeninternen Schulung den Erwartungen der Unternehmen entspricht.

Auslandserfahrungen werden in allen Branchen geschätzt. Dabei ist es besonders interessant, auf Großbritannien zu sehen, wo sich das Bemühen um die Beherrschung von Fremdsprachen in gewissen Grenzen bewegt. Die britische Handelskammer hat jedoch festgestellt, dass die Beherrschung von Fremdsprachen in Kombination mit interkulturellem Wissen Firmen im Durchschnitt 45 % höhere Umsätze ermöglicht.[1] Folglich sind die Fremdsprachenkenntnisse der Ingenieure mit deutschem Studienabschluss als besonders wertvoll anzusehen.

Employability Skills werden nach Hind / Moss (2005) - die u.a. individuelle Skills, so auch das Interesse an Fremdsprachen, das fachliche Studium und die Entwicklung am Arbeitsplatz unter sich ständig verändernden Bedingungen erfassen - durch den sozialen und wirtschaftlichen Kontext beeinflusst und im Gesamtbild breiter als die generelle Beschreibung von Soft Skills dargestellt, wie sie in der deutschen Wirtschaft gesehen werden. Unterstützend wirkt hier auch die Verbindung zwischen Curriculum und Employability, wenn man dem USEM-Modell[2] von Yorke und Knight (2006) folgt. Aus dem Bereich der Schlüsselkompetenzen wurden von britischen Unternehmen als wünschenswerte Kompetenzen in ihrer Erwartungsskala gelistet u.a. technisch-praktisches Können (47 %), Teamfähigkeit (56 %), Kundenumgang (52 %) und Kommunikationskompetenz (64 %) (Maher/Graves 2008: 38f) Die Kommunikationskompetenz erfasst die Beherrschung der Muttersprache und einer Fremdsprache gleichermaßen, woraus sich Rückschlüsse auf den fachsprachlichen Fremdsprachenunterricht ergeben.

Der Institute of Directors Report hatte 2007 (Maher/Graves 2008: 27) noch festgestellt, dass 40 % der Absolventen in Großbritannien für den Arbeitsmarkt nicht ausreichend vorbereitet waren. Außerdem sahen 90 % der befragten Führungskräfte aus der Wirtschaft die Hochschulen stärker in der Pflicht der Vorbereitung der Studierenden auf die berufliche Praxis. Nun haben britische Hochschulen in den letzten Jahren sehr an dieser Aufgabe gearbeitet und dabei diese Employability Skills herausgearbeitet, die Studierenden eine Orientierung darüber geben, welche Kompetenzen von der Industrie erwartet werden und welche Kompetenzen wie angeeignet werden können.

Die zehn Top -Kompetenzen umfassen:
  • Ehrlichkeit und Integrität
  • Grundlegende muttersprachliche Kompetenzen
  • Grundlegende Kommunikationskompetenz
  • Zuverlässigkeit
  • Fleiß und Arbeitsmoral
  • Mathematische Grundkompetenzen
  • Positive Problemlösungshaltung
  • Pünktlichkeit
  • Termintreue      sowie
  • Teamfähigkeit.
Diese Kompetenzforderungen sind nicht allein auf den britischen Arbeitsmarkt begrenzt, zumal der europäische Markt für Arbeitskräfte eine zunehmend wichtige Rolle spielt, um Beschäftigungsengpässe zu umgehen. Das EU-Mobilitätsprogramm trägt weiterhin zu diesem Trend bei. Es ergibt sich die Frage, ob diese Erwartungen an Employability Skills und deren Erfüllung diesen Entwicklungen - auch im Kontext eines Studiums als Vorbereitung auf eine erfolgreiche berufliche Karriere - entsprechen. Tabelle 1 - bezogen auf Studierende des Bereiches Tourismus und Hospitality in Großbritannien Maher/Graves (2008: 38f) - zeigt die Erwartungen im Vergleich zum Grad der Umsetzung von Employability Skills.

Aus den Vergleichen wird deutlich, dass den Erwartungen einzig und allein in der Kategorie Applying Subject Understanding entsprochen wurde, das Programm jedoch in allen Kompetenzen deutlich hinter den Erwartungen der Studierenden zurückblieb. Dies zeigen Beispiele von 50 % Umsetzung bei Verhandlungskompetenz in Bezug auf 89 % der Erwartung oder von Entscheidungskompetenz mit erreichten 58 % bei erwarteten 90 %. Daraus ergibt sich die Frage, ob ein Bildungsträger die Studierenden stärker als Kunden auf dem Bildungsmarkt verstehen muss, deren Wünschen, Erwartungen und Perspektivplanungen zu entsprechen ist.
Aus diesen Vorüberlegungen ergeben sich für die Beschreibung des Ingenieurs in Bezug auf die Sprachkompetenz folgende Ansprüche:
  • grundlegende  muttersprachliche Kompetenz
  • grundlegende Kommunikationskompetenz
  • grundlegende fremdsprachliche Kompetenz im Mündlichen und Schriftlichen
  • Beherrschung fachsprachlicher Strukturen und fachsprachlicher Kommunikation in Mutter- und Fremdsprache
Hind und Moss (2005: 26ff) beschreiben die von der Wirtschaft erwarteten Kommunikationskompetenzen im Bereich Schreiben mit konkreten Textsorten, die nicht nur Geschäftsbriefe unterschiedlicher Art umfassen, sondern auch die Textsorten Bericht, Memorandum, Kurzinformation (notice), Artikel, Gebrauchsanweisung und academic writing. Die mündliche Kommunikationskompetenz reicht vom Kundengespräch mit den Kommunikationsverfahren Überzeugen, Beschreiben und Vergleichen über die  Präsentation bis hin zum Messeauftritt. Die erfolgreiche Um-setzung dieser Kompetenzen scheitert allerdings oft an der mangelnden Kenntnis stilistischer Besonderheiten und in großem Maße am nicht abrufbaren Strukturwissen – den Grammatikkenntnissen – der Fremdsprache. Ein Beispiel aus einem studentischen Artikel mit dem Titel Image-based quality assurance of wheat belegt dies:


Attribute

Importance for career
success (% ranking as very important or quite
important)

Developed in degree
programme (% ranking as developed a lot or
somewhat developed)

Prioritising
    97
63
Planning
91
75
Computer literacy
90
63
Commercial awareness
90
61
Decision-making
90
58
Negotiating
89
50
Teamwork
88
82

Problem-solving
87
65
Coping with ambiguity and complexity
86
39
Acting morally
84
44
Resolving conflict
80
42
Influencing
80
48
Arguing for or justifying a point of view or course of action
79
53
Ethical sensitivity
69
59
Ability to work cross-culturally
68
52
Applying subject understanding
66
69
Political sensitivity
65
34

Tab. 1: Erwartungen im Vergleich zum Grad der Umsetzung von Employability Skills.


A sample which is taken in a compulsory way gets sieved, than undersized and oversized particles are separated and the rest is taken for a manual inspection. This is a very time consuming and error-prone procedure

Dem Verfasser des Artikels ist nicht bewusst, dass die Passivform to get sieved in einem wissenschaftlichen Artikel - und als solcher wurde er für eine Veröffentlichung über eine neue Sortieranlage vorgesehen - keine Verwendung finden kann. Die Verwendung von than (statt then) im falschen Kontext könnte als Rechtschreibfehler entschuldigt werden, allerdings spricht die in der Praxis sehr häufig unrichtig verwendete Form dagegen. Auch hat die Kurzform „this“ als Verbindung zum vorhergehenden Satz in einem wissenschaftlichen Artikel keinen Platz, da hier eher eine komplexe Satzstruktur, die einen präzisen Verweis ermöglicht, Verwendung finden müsste.

An diesem Beispiel wird deutlich, welch ungünstigen Einfluss begrenzte Kenntnisse der Strukturen einer Fremdsprache haben und inwiefern sie den Erfolg der Kommunikation behindern können.


2   Grammatikkenntnisse als unabdingbarer Bestandteil erfolgreicher Kommunikation im Englischen – empirische Beobachtungen

2.1  Beschreibung der Untersuchung

Zu Beginn des Sommersemesters 2011 wurde an der TU Ilmenau in den Kursen Business English 1 (Stufe B2/C1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens (GER)), in denen mit dem Lehrwerk Business Proficiency (Lektionen 1, 2, 8, 9 und 12) gearbeitet wird, ein Test zu Basiskenntnissen der englischen Grammatik durchgeführt. Es standen keine Hilfsmittel zu Verfügung und die Bearbeitungszeit betrug 30 Minuten. Insgesamt beteiligten sich 143 Studierende im Alter von 19 bis 32 Jahren (84 Studenten und 59 Studentinnen) aus allen Fachrichtungen daran.

Die Frage, wie lange der letzte Englischunterricht zurückliegt, wurde wie folgt beantwortet:

Zeitliche Angabe des letzten Englischunterrichts
Teilnehmerzahl
Vor weniger als einem Jahr
39
Ein Jahr zurückliegend
18
Ein bis zwei Jahre zurückliegend
35
Drei Jahre zurückliegend
26
Vier Jahre zurückliegend
13
Vor mehr als vier Jahren
12

Tab. 2: Angabe des letzten Englischunterrichts

Die Aufgaben umfassten Einzelsätze, 
  • die ins Englische übertragen werden sollten (Beispiel: Ich habe früher bei der Werner GmbH gearbeitet.),
  • die unvollständig angeboten wurden, um Fragen nach den fehlenden Satzkomponenten zu formulieren, (Beispiel: Mr Fuller joined the firm in 19….) ,
  • die entweder in Aktiv- oder Passivsätze umgeformt werden sollten, (Beispiel: She was welcomed by the manager),
  • die eine Bedingungsssatzstruktur aufwiesen und in denen eine fehlende Zeitform ergänzt werden musste (Beispiel: I would go and see him if he … live so far) ,
  • in denen die korrekte Form von Adjektiv oder Adverb zu ergänzen war (Beispiel: They returned the goods (fast / fastly)),
  • in denen die korrekte Form von Gerundium oder to-Infinitiv ergänzt werden sollte (Beispiel: I remember ……(see) him at a conference in Singapore last summer)  und solche,
  • in denen some bzw. any einzufügen war (Beispiel: Would you like ….. coffee?).
Die Analyse der angebotenen fremdsprachlichen Leistungen soll hier auf die Darstellung des Anteils korrekter Antworten und der problematischsten Fälle fehlerhafter Antworten reduziert werden. Dazu wurden am Institut tätige Muttersprachler hinsichtlich der entsprechenden grammatischen Toleranzen befragt.


2.2  Übertragung von Einzelsätzen

Aus den vorgegebenen deutschen Sätzen sollen zwei Beispiele exemplarisch für das Übertragungsproblem in die Fremdsprache stehen:
       
Ich habe früher bei der Werner GmbH gearbeitet.                  

7,7 % korrekte Antworten; entsprechend waren 92,3 % der angebotenen Antworten falsch. Dies soll anhand der folgenden Beispiele veranschaulicht  werden:

Earlier I had worked by Werner GmbH.
Foredays, I worked at the Werner GmbH.
I’ve been early in the Werner GmbH worked.

Für die Studierenden erwies es sich als schwierig, das Adverb früher adäquat in die Fremdsprache zu übertragen. Weiterhin bestätigte sich ein permanentes Problem des Englischunterrichts – die Zeitformen, die entweder nicht im Vergleich zur Muttersprache eingeführt oder nicht umfassend genug gefestigt wurden.

Ich möchte diese Seiten kopieren lassen.                             


3,5 % korrekte Antworten; entsprechend waren 96,5 % der angebotenen Antworten falsch, was hier anhand der folgenden Beispiele veranschaulicht werden soll:


I want copy this pages.         
I want to let copy this pages.

Den Studierenden war die Struktur etwas veranlassen bzw. etwas nicht selbst tun nicht bewusst oder bekannt. Die Bedeutung des Verbs let entspricht keinesfalls einer akzeptablen Lösung. Offensichtlich war im Unterricht im Zusammenhang mit passivischen Formen nicht auf diese besondere Form eingegangen worden.


2.3  Fragebildung

Da sich im Englischunterricht immer wieder das Problem der korrekten Formulierung einer Frage auftat, wurden Sätze mit fehlenden Satzteilen vorgegeben, zu denen die entsprechende Frage zu formulieren war. Hierzu sollen zwei Beispiele angeführt werden:

…. have informed me about the new system.
What did they do to you?
Where have you been informed me about the new system?

Der Satz ist hier unvollständig und die geforderte Leistung unklar. Es ergaben sich in diesem Bereich 31 % richtige und somit 69 % falsche Antworten.

I’ve been working here for … years.                                      
How long do you have been working here?
How long working you here?

60 % der Studierenden waren nicht in der Lage, die Frage nach einem Zeitraum zu formulieren und boten u.a. folgende Fragen:

How long do you have been working here?
How long working you here?

Offensichtlich ist in früheren Stufen des Englischunterrichts nicht bewusst auf den Zusammenhang zwischen Frage, Antwort und der verwendeten Zeitform verwiesen worden. Das Problem der Fragebildung allgemein und speziell im Zusammenhang mit Zeitformen ist selbst auf einem relativ hohen Sprachniveau ein ständiger Bestandteil der Übungsgestaltung.


2.4  Bedingungssätze

Bedingungssätze sind in der technischen Textsorte Beschreibung durchaus ein wichtiger Bestandteil. Daher wurden sie in das Korpus zur Ermittlung zu beherrschender Grammatikkomponenten aufgenommen. Bei den Sätzen wurde entweder der Hauptsatz oder der Nebensatz komplett vorgegeben, so dass die notwendige Zeitform schlussfolgernd ermittelt werden konnte:

If we … them in time, they wouldn’t have involved their company lawyer.
If we pays them ….
If we will pay them …
If we don’t pay them …

Bei dieser Vorgabe wurden 89 % fehlerhafte Lösungen ermittelt, die sich anhand der folgenden Beispiele belegen lassen:

If we pays them ….
If we paying them …
If we are pay them …
If we will pay them …
If we don’t pay them …        

Es besteht eine große Unsicherheit bei der Formulierung von Bedingungssätzen, was mit hoher Wahrscheinlichkeit auf ungenügende Erläuterung und Festigung zurückzuführen ist, wobei sich wiederum auch das bereits bekannte Problem der enormen Unsicherheit bei der Verwendung von Zeitformen dokumentiert.

Allgemein lässt sich zu den Ergebnissen feststellen, dass sie - angesichts des acht bzw. neun Jahre währenden Englischunterrichts in der Schule – enttäuschend sind. Gespräche im Nachgang der Tests ergaben, dass bei zahlreichen Studierenden langjährige Unklarheiten, z.B. zur Verwendung des Adverbs, den Einsatz des Gerundiums oder der Tempora, bestehen und dass sie endlich eine Aufarbeitung der Fehler erwarten, weil sie erkannt haben, dass es mit zunehmendem Alter und aktiver Annäherung an den Arbeitsmarkt umso unangenehmer wird, wenn Aussagen in der Fremdsprache inkorrekt sind und man damit in einer interkulturell-kommunikativen Situation nicht adäquat agieren kann. Eine gewisse Abhilfe wird an der TU Ilmenau durch Sonderkurse zur englischen Grammatik und Lexik angeboten, allerdings widerspricht dies dem Anspruchsniveau der Stufe C1, auf der eine intensive Grammatikwiederholung des Englischen nicht notwendig sein sollte. 

Obwohl auf Fremdsprachentagungen bisweilen – wenn auch viel zu selten - die Grammatikvermittlung aus der Sicht des Lehrenden und des Lernenden in den Mittelpunkt gerückt wurde, wie beispielsweise im Jahre 2001 auf der 9. Göttinger Fachtagung, sind die bisher erzielten Ergebnisse -  bei aller Diskussion um die Beherrschung von Strukturen – weitgehend unbefriedigend, und die Studierenden verdienen ein besseres Konzept, um sie im Rahmen des lebenslangen Lernens mit anwendungsrelevanten Kenntnissen auszurüsten. Es stellt sich die Frage, ob die zugunsten der allgemeinen Fokussierung auf das kommunikative Können als veraltet verworfenen Konzepte - wie die Pattern Drill- Übungen der 1970er Jahre - hinsichtlich ihrer Wirksamkeit zur Kompetenzvermittlung nicht erneut geprüft werden sollten. Ohne einem reinen Grammatikunterricht das Wort zu reden, ist es wohl doch dringend notwendig, wieder zum bewussten Lernen – und im eigentlichen Sinne zum Auswendiglernen von Strukturen - zurückzukehren, um diese in polyvalenter Form für Kommunikationssituationen verfügbar zu machen.


3   Das Übersetzen im fachsprachlichen Fremdsprachenunterricht

Dresemann (2012: 136) betont im Rahmen von Fremdsprachenausbildung und beruflicher Praxis die Handlungsfähigkeit in der Fremdsprache und verweist dabei darauf, dass das Englische für Europa im Sinne einer lingua franca zu beherrschen ist. Damit verbindet sich auch der Gedanke, wie weit Abstriche an der Qualität der erbrachten fremdsprachlichen Leistung sowohl im universitären Fremdsprachenunterricht als auch in der beruflichen Praxis akzeptabel und tolerabel sind. Die in Kap. 2 aufgezeigten Strukturprobleme im Englischen behindern den Erfolg der in der Fremdsprache zu leistenden Aussagen auch beim Übersetzen und Übertragen[3].

Das Übersetzen und das Übertragen sowohl in die Fremdsprache aus auch in die Muttersprache spielen im modernen Fachsprachenunterricht eine zunehmend geringere Rolle. In den gängigen Lehrwerken sind nur wenige Übungsangebote dazu vorhanden, und wenn das Übersetzen / Übertragen in den Fremdsprachenunterricht einbezogen wird, dann fast ausschließlich das Übertragen in die Muttersprache, das als zugänglicher gilt. Es stellen sich in diesem Zusammenhang Fragen wie die, ob die Könnenskomponente Übersetzen / Übertragen unmodern geworden ist oder die, ob die Lehrenden sich gar vor dem Übertragen in die Fremdsprache fürchten.

An dieser Stelle soll es nicht um ein Zurück zum Übersetzungsunterricht gehen, aber das Übersetzen und Übertragen bietet die Möglichkeit des Nachweises von abrufbereiten strukturellen Kenntnissen in der jeweiligen Fremdsprache. In der beruflichen Praxis werden Aufgaben zum Übersetzen von Kurztexten oder Teiltexten gefordert, Kollegen und Vorgesetzte werden um das Übersetzen von E-Mails oder Briefen bitten, womit also das Übertragen vom Blatt als mündliche Leistung gefordert wird. Der DIHK[4] bietet eine Fortbildungsprüfung zum geprüften Fremdsprachenkorrespondenten (alle Sprachen) an, die in zwei Prüfungsteilen Übersetzungen abfordert. Die EU-Kommission schreibt Übersetzerwettbewerbe aus und fordert die Universitäten auf, mehr Übersetzungskurse anzubieten. Unternehmen fragen immer wieder am Spracheninstitut der TU Ilmenau an, ob Studierende oder Lehrkräfte Übersetzertätigkeiten für sie ausführen können.

Bei einem Test im Rahmen des Kurses Business English 1 im Sommersemester 2011 an der TU Ilmenau wurden Studierende zum Übertragen von englischen Geschäftsbriefen ins Deutsche aufgefordert. Diese mündliche Leistung wurde bewusst so gewählt, weil sich die Studierenden beim Übertragen in die Muttersprache sicherer fühlen, diese Situation für kleine und mittelständische Unternehmen hier typisch ist und weil keine Vorbereitung notwendig sein sollte. Die Ergebnisse verdeutlichten Folgendes:
  • Es erwies sich für die Studierenden als schwierig, fremdsprachliche Satzstrukturen unmittelbar zu überblicken.
  • Die unzureichende Beherrschung von Wirtschaftsvokabeln war für die gestellte Aufgabe äußerst hinderlich.
  • Im Ergebnistext wurden plötzlich deutsche Satzbaumodelle vergessen und dafür der englische Satzbau übernommen.
  • Unangemessen häufige Pausen und der Einsatz von Füllwörtern ließen die Ergebnistexte zerrissen und unprofessionell erscheinen.
Nach Gerzymisch-Arbogast (2004: 40) bauen sich Missverständnisse auf, weil nur diejenigen Elemente übersetzt werden können, die verstanden wurden bzw. die man glaubt, verstanden zu haben. Es bleibt somit für den fachsprachlichen Fremdsprachenunterricht noch viel zu tun.


4   Zusammenfassung und Ausblick

Die unbefriedigende Situation für Studierende in den ingenieurwissenschaftlichen Fächern zu den Kompetenzbereichen Strukturwissen und translatorisches Können, die für die erfolgreiche berufliche Praxis unabdingbar sind, lässt sich abmildern, indem den Studierenden mit Zusatzangeboten praktische Hilfe angeboten wird, um die notwendigen Verbesserungen ihres fremdsprachlichen Könnens zu erzielen. Diese Zusatzangebote sollten auch durch eine noch stärkere modulare Struktur der Kursangebote mit konkreter Ausrichtung auf die Studienrichtung gefördert werden.



Bibliographie 


Ashford, Stephanie / Smith, Tom (2010). Business Proficiency. Klett.

DIHK: (http://www.dihk-bildungs-gmbh.de/weiterbildung/pruefungen-von-a-z; 03.11.2011)

Dresemann, Bettina (2010). Schriftliche und mündliche Fertigkeiten in Fremdsprachenausbildung und beruflicher Praxis. In: Voss, Bernd (Hrsg.) (2010). UnicertR Handbuch 2. Stand – Entwicklungen – Perspektiven. Bochum: AKS, 135-149.

EurActiv: Artikel: Brussels urges universities to offer translation courses. (http://www.euractiv.com/en/culture/brussels-urges- universities -offer-translation-courses-news-498748; 14.10.2010).

EurActiv:. Artikel: EU translation policy ‘here to stay’ (http://www.euractiv.com/en/culture/eu-translation-policy-stay/article-170516; 25.02.2008)

European Commission: Artikel:  Why languages matter (http://ec.europa.eu/languages/news/20100701-why-languages-matter;15.08.2011)

Gerzymisch-Arbogast, Heidrun (2004). Interkulturelle Missverständnisse in Text und Translation. Einige Überlegungen am Beispiel des Englischen und Deutschen. In: Baumgarten, Nicole / Böttger, Claudia / Motz, Markus / Probst, Julia (Hrsg.) (2004). Übersetzen, interkulturelle Kommunikation, Spracherwerb und Sprachvermittlung – das Leben mit mehreren Sprachen. Festschrift für Juliane House zum 60. Geburtstag. Bochum: AKS, 40–51.

Hind, David / Moss, Stuart (2005). Employability skills. Business Education Publishers.

Maher, Angela / Graves, Sarah (2008). Graduate Employability. Can Higher Education Deliver? Oxford: Threshold Press.

Yorke, Mantz / Knight, Peter (2006). Embedding Employability into the Curriculum. York: Higher Education Academy.  



[1]  siehe European Commission. Why languages matter (http://ec.europa.eu/languages/news/20100701-why-languages-matter; 15.08.2011).
[2]  Hier steht U für understanding, dem Wissensstand und Fachwissen, S für skills im Sinne von Bewusstsein und Verantwortung für das Fach als Schlüsselkompetenz, E für efficacy beliefs für die persönlichen Eigenschaften, Selbstvertrauen und Engagement und M für Metakognition im Sinne von Lernen, wie man lernt.
[3] Der Begriff Übersetzen wird hier eher auf schriftliche Texte bezogen und der Begriff Übertragen auf das mündliche Wiedergabe eines gegebenen Ausgangstextes in der erwarteten Zielsprache.
[4]  www.dihk-bildungs-gmbh.de/weiterbildung/pruefungen-von-a-z; 03.01.2011.