Wissenschaftlicher Sammelband, herausgegeben von Thomas Tinnefeld unter Mitarbeit von Ines-A. Busch-Lauer, Hans Giessen, Michael Langner, Adelheid Schumann. Saarbrücken: htw saar 2012. ISBN 978-3-942949-00-2.


Der Einsatz von Werbeanzeigen
zur Erweiterung der interkulturellen Kompetenz im Unterricht Fremdsprachliche Wirtschaftskommunikation Französisch

Nadine Rentel (Zwickau)


Abstract (English)
The present article deals with the central role of intercultural competence in foreign language teaching. It argues that due to the relevance of the text type in everyday life, to its multimodal character and to the relative shortness of the texts, magazine advertisements are an appropriate means in the teaching of intercultural communication. A methodological model is presented which has been developed together with students, focused both on the description as well as on the interpretation of cultural differences in advertising texts. These theoretical reflections will be illustrated by a comparison of two selected (French and German) car advertisements. The teaching results show that the combination of verbal and visual elements in advertisements can improve students’ understanding of intercultural communication processes.
Key words: Text types, advertisements, intercultural competence, communication, French


Abstract (Deutsch)
In Studiengängen, deren Ziel darin besteht, die Studierenden zu einem kulturell angemessenen (sprachlichen) Handeln zu befähigen, sollten Textsorten eingesetzt werden, die die interkulturelle Dimension von Kommunikationsprozessen in besonderer Weise thematisieren. In diesem Beitrag wird ein didaktisches Modell dargestellt, mit dessen Hilfe deutsche und französische Werbeanzeigen aus dem Bereich der Automobilwerbung analysiert und bestehende Divergenzen erklärt werden können. Die detaillierte Darstellung zweier ausgewählter Vergleichsanzeigen ermöglicht den unmittelbaren Einsatz des Materials im Unterricht.
Stichwörter: Textsorten, Werbeanzeigen, interkulturelle Kompetenz, Kommunikationsprozesse, Französisch




1   Einleitung

Interkulturelle Kompetenz ist im Rahmen der zunehmenden Internationalisierung der Hochschulen zu einer Schlüsselkompetenz für Studierende unterschiedlicher Fachrichtungen geworden, da diese im Rahmen von auslandsorientierten Studiengängen, international anerkannten Doppelabschlüssen oder durch den mit Hilfe von Stipendienprogrammen geförderten Aufenthalt an ausländischen Hochschulen mit fremdkulturellen Erfahrungen konfrontiert werden. Um das Entstehen und Verfestigen negativer Stereotype im Kontakt mit der fremden Kultur zu vermeiden, sollten die Studierenden in speziell zu diesem Zweck konzipierten Methodentrainings für kulturbedingte Unterschiede im Kommunikationsverhalten sowie für die Notwendigkeit sensibilisiert werden, eigenkulturelle Wertesysteme zu relativieren. In besonderem Maße trifft dies auf Studierende in wirtschaftswissenschaftlichen Studiengängen zu, da interkulturelle Konflikte im geschäftlichen Kontext weitreichende Folgen haben können, sowie auf Studierende der Sprach- und Kulturwissenschaften, die zu Mittlern bzw. Mediatoren zwischen den Kulturen ausgebildet werden.

Das Bewusstsein für kulturelle Unterschiede zwischen Sprach- und Kulturräumen nimmt im Kontext der Globalisierung der Handelsbeziehungen einen ständig wachsenden Stellenwert ein. Ein Nichtbeachten kulturbedingter Kommunikationsgewohnheiten des Gegenübers kann in der interkulturellen Kommunikation zu Missverständnissen bzw. zum Abbruch der Kommunikation führen (vgl. Lüsebrink 2008: 32). Im Kontext der unternehmensexternen Kommunikation steht neben dem Fortbestehen der Geschäftsbeziehung das Image des Unternehmens auf dem Spiel. Aus diesem Grund sollte, wie bereits erwähnt, die Vermittlung einer interkulturellen Kompetenz in einem modernen universitären (Fremdsprachen)Unterricht zu einem möglichst frühen Zeitpunkt auf dem Lehrplan stehen. Sowohl an der Wirtschaftsuniversität Wien[1], an der das didaktische Konzept sowie das Lehrmaterial konzipiert und im Unterricht eingesetzt worden ist, als auch an der Westsächsischen Hochschule Zwickau, an die die Autorin mit Beginn des Wintersemesters 2011/2012 gewechselt ist, besteht das Ziel der fremdsprachlichen Ausbildung der Studierenden darin, diese zu einem erfolgreichen - d.h. kulturell angemessenen sprachlichen (und nicht-sprachlichen) - Handeln im Kontext der interkulturellen geschäftlichen Kommunikation zwischen Deutschen und Franzosen zu befähigen.

Um interkulturelles Lernen zu ermöglichen, wird in interkulturellen Trainingsseminaren häufig mit der Methode der Critical Incidents, also kritischen Interaktionssituationen, gearbeitet. Neben dem Einsatz dieses äußerst effizienten Instruments, das insbesondere die handlungsorientierte Ebene anspricht, sollte nicht unberücksichtigt bleiben, dass Kultur an Sprache gebunden ist und sich Kulturelles auf der sprachlichen und textuellen Ebene manifestiert. Die Arbeit mit sprachlichem Material hat daher das Ziel, kulturspezifische Textsortenkonventionen herauszuarbeiten und bestehende Divergenzen anhand der zugrundeliegenden Normen- und Wertesysteme zu erklären. 

Werbekommunikation gehört als Bestandteil des Marketing-Mixes eines Unternehmens - der neben der Produkt-, Preis- und Distributionspolitik die Kommunikationspolitik umfasst - zu einer der zentralen Aktivitäten der Wirtschaftskommunikation, wodurch der Bezug zur Zielgruppe gewährleistet ist. Als Spiegel mentalitätsbedingter und kulturraumspezifischer Aspekte berührt die Werbekommunikation die interkulturelle Dimension in verdichteter Form, so dass ein Vergleich der eigenen Kulturstandards mit fremdkulturellen Wertesystemen und in der Folge ein kritisches Hinterfragen des eigenen Bezugssystems möglich wird. Die Werbekommunikation eignet sich zudem aufgrund ihres zentralen Stellenwerts für die Alltagskultur in besonderer Weise für eine kulturkontrastive Analyse (vgl. Stöckl 2004: 233). Die Studierenden kennen Werbekommunikate und können aktiv zur Diskussion beitragen. Die relative Kürze der Texte ermöglicht zudem einen Einsatz ab einem relativ frühen Kompetenzniveau der Lernenden.

Werbekommunikation umfasst vier unterschiedliche mediale Erscheinungsformen (vgl. Janich 1999): Anzeigen und Plakate im Printbereich, Radiowerbung, Fernsehwerbung sowie die Realisierung in neuen medialen Gattungen, z.B. im Internet. Sie tritt somit in dynamisch-sequentieller Form (z.B. Fernseh- oder Kinospot) oder aber als statisches Kommunikat (z.B. Plakate oder Anzeigen) auf. Innerhalb der unterschiedlichen Erscheinungsformen, Zielsetzungen und Arten von Werbung wird im vorliegenden Zusammenhang im Hinblick auf die zu erreichenden Lernziele eine Eingrenzung auf den Bereich der Produktwerbung vorgenommen. Im vorgestellten Kursformat liegt der Fokus aus methodischen Gründen auf den Printmedien (da die Studierenden im Vorfeld der Analyse von Fernsehspots erst umfassende Transkripte anfertigen müssten), wobei das didaktische Modell anhand der Automobilwerbung im deutsch-französischen Vergleich exemplifiziert wird. Die Wahl fiel auf die Automobilwerbung, da Autos nicht nur als technisch anspruchsvolles Produkt mit einem relativ hohen Finanzierungsaufwand beworben werden, sondern - aufgrund des zusätzlichen emotionalen Nutzens - kulturspezifische Werte und Emotionen thematisieren.

Im vorliegenden Beitrag wird ein auf der Niveaustufe B1 / B2 an der Wirtschaftsuniversität Wien erprobtes Unterrichtsmodell vorgestellt, das anhand von zwei deutsch-französischen Vergleichsanalysen aus dem Bereich der Automobilwerbung exemplifiziert wird. Die detaillierte Darstellung der Arbeitsergebnisse erlaubt einen unmittelbaren Einsatz des Materials im Fremdsprachenunterricht. Zu Beginn des Beitrags werden die zu erreichenden Lernziele definiert sowie die semiotische Komplexität von Werbekommunikaten reflektiert, da die Berücksichtigung des Zusammenspiels sprachlicher und nicht-sprachlicher Inhalte grundlegend für eine adäquate Textanalyse ist (vgl. Rentel 2005) und die multimodalen Wechselbeziehungen zwischen Textteilen einen zentralen Stellenwert im nachfolgend vorgestellten Analysemodell einnehmen.


2   Lernziele

Übergeordnetes Lernziel der Kursformen an der Wirtschaftsuniversität Wien sowie an der Westsächsischen Hochschule Zwickau ist es, die interkulturelle Kompetenz der  Studierenden, die auf dem Arbeitsmarkt, aber auch bereits im Studium (z.B. im Rahmen von Auslandspraktika und -semestern) als Schlüsselqualifikation gefordert wird (vgl. Bolten 2007), zu erweitern. Interkulturelle Kompetenz

[…] lässt sich als das Vermögen definieren, mit fremden Kulturen und ihren Angehörigen in adäquater, ihren Wertesystemen und Kommunikationsstilen angemessener Weise zu handeln, mit ihnen zu kommunizieren und sie zu verstehen. (Lüsebrink 2008: 9)

Aus dieser Definition des Begriffs Interkulturelle Kompetenz ergibt sich eine Binnendifferenzierung in die drei Dimensionen der Verhaltens-, der Kommunikations- und der Verstehenskompetenz (vgl. Lüsebrink 2008: 9). Im universitären Fremd- bzw. Fachsprachenunterricht liegt der Fokus auf den beiden letztgenannten Ebenen, wobei anhand geeigneter Übungsformen (z.B. durch die Arbeit mit Critical Incidents) auch die Dimension der Verhaltenskompetenz berücksichtigt werden sollte.

Im Kontext der Verstehenskompetenz wird besonderer Wert darauf gelegt, bei den Studierenden ein Bewusstsein für die Tatsache zu wecken, dass sich im Laufe der Jahrhunderte in Sprach- und Kulturräumen unterschiedliche Diskursnormen und Vertextungskonventionen herausgebildet haben. Die Kursteilnehmer sollen dafür sensibilisiert werden, dass die Diskursinhalte, die sprachliche und formale Gestaltung von Texten und deren Struktur an die Rezeptionsgewohnheiten der jeweiligen Zielkultur angepasst werden müssen, damit die Kommunikation im interkulturellen Kontext erfolgreich ist. Daher soll am Beispiel von Werbeanzeigen gemeinsam mit den Studierenden erarbeitet werden, dass es bei der Konzeption von Werbekommunikaten im Kontext der interkulturellen Kommunikation von entscheidender Bedeutung sein kann, sprachliche und bildliche Werbeaussagen adaptiv umzusetzen, d.h. kulturraumspezifische Besonderheiten zu berücksichtigen. Wie bereits weiter oben dargelegt, kann ein Fehlschlagen der Kommunikation gerade im Bereich der externen Unternehmenskommunikation erhebliche wirtschaftliche Folgen haben und im Extremfall zu einem langfristigen Imageschaden eines Unternehmens führen.

Die Tragweite dieser Überlegung bzw. die Relevanz der Fragestellung wird den Studierenden zum Einstieg in etwas überzeichneter Form anhand einer fiktiven Werbekampagne für Erfrischungsgetränke deutlich gemacht[2].



Die Studierenden haben die Aufgabe, das aus drei visuellen Elementen bestehende Werbekommunikat zu beschreiben und die ihrer Meinung nach zentrale Werbebotschaft zusammenzufassen. Hierzu wird zunächst angenommen, dass das Werbekommunikat in einer westeuropäischen Hauptstadt rezipiert wird. In der Regel verstehen die Teilnehmer die Bildfolge dahingehend, dass ein erschöpfter Mann auf einer Sanddüne in der Wüste liegt, das beworbene Erfrischungsgetränk konsumiert und sich anschließend wieder in körperlicher Bestform befindet. Anschließend soll die Frage beantwortet werden, ob sich die zentrale Aussage ändert, wenn das Kommunikat in einer Stadt des Nahen Ostens platziert wird. Auf diese Weise wird den Studierenden bewusst, dass die Rezeptionsgewohnheiten einer Kulturgemeinschaft bei der Textproduktion beachtet werden müssen, denn in arabischsprachigen Ländern kehrt sich die Leserichtung im Vergleich zu den uns vertrauten europäischen Sprachen um, so dass die Werbebotschaft in das Gegenteil verkehrt wird.

Die interkulturelle Perspektive im Kontext der Analyse von Werbekommunikation geht also davon aus, dass jede Form von Kommunikation kulturgebunden ist. Sie beschäftigt sich konkret mit der Frage, ob es möglich ist, “globale” bzw. standardisierte Werbung zu betreiben, d.h. ein identisches Konzept in unterschiedlichen Kulturen zu verwenden, oder ob die Gestaltung von Werbeanzeigen kulturspezifischen Besonderheiten folgt. In diesem Rahmen werden den Studierenden drei zentrale Marketingkonzepte vorgestellt. Während bei der Lokalisierungsstrategie durch eine häufig kostenintensive Adaptation von Inhalt und Form des Kommunikats eine gezielte Ansprache der Kunden gewährleistet ist, besteht der Grundsatz der Globalisierungsstrategie darin, eine einheitliche Werbebotschaft in unterschiedlichen Kulturräumen einzusetzen. Dadurch können Kostendegressionseffekte erzielt werden, jedoch besteht das nicht unerhebliche Risiko, dass der kommunikative Erfolg gemindert wird. Einen Kompromiss zwischen den beiden dargestellten Strategien stellt schließlich der Ansatz der Glokalisierung dar. Zentrale Elemente der Botschaft (z.B. die Kernaussage oder bildliche Elemente) werden an die jeweilige Zielkultur angepasst, wobei gleichzeitig ein gemeinsamer Rahmen beibehalten wird.

Neben der Herausbildung einer interkulturellen Kompetenz sollen die Studierenden wissenschaftliches Methodenwissen erwerben, was im konkreten Fall die Fähigkeit betrifft, deutsche und französische Werbekommunikate systematisch miteinander zu vergleichen und für den jeweiligen Kulturraum charakteristische Kommunikationsstrategien herauszuarbeiten. Weiterhin sollen die Studierenden mit Fragen der empirischen Linguistik (z.B. Erstellung und Auswertung von Korpora, Fragen der Repräsentativität) vertraut gemacht werden.


3   Didaktisches Modell

Anhand einer Beispielanalyse, in deren Rahmen die Studierenden in Form eines Brainstormings Unterschiede zwischen einer ausgewählten deutschen und französischen Werbeanzeige identifizieren und benennen sollen, wird in der Veranstaltung gemeinsam ein Raster entwickelt, anhand dessen die deutschen und französischen Werbeanzeigen systematisch analysiert und verglichen werden können. Im Vorfeld werden - je nach dem Kenntnisstand der Teilnehmer - die Funktionen sowie die zentrale Terminologie hinsichtlich der relevanten Bestandteile (Headline, Fließtext, visueller Anzeigenteil) der Anzeigen geklärt. Die Kursteilnehmer sind bis zu diesem Zeitpunkt hinsichtlich der folgenden Gesichtspunkte sensibilisiert worden.

In welchen Teiltexten lassen sich die nationalen Kommunikationskulturen und Vertextungskonventionen identifizieren? Diese interlingualen Divergenzen können verbale und visuelle Bestandteile der Werbeanzeige betreffen (z.B. nationale Symbole und visuelle Kontexte, in die die Präsentation des Automobils eingebettet ist), Sprache-Bild-Bezüge, kulturraumbedingte Kommunikationsstile (z.B. Adressatenorientierung), oder Kommunikationsinhalte (technische Daten, Umweltfreundlichkeit oder Ästhetik als primäre Informationselemente). Sollten Unterschiede zu identifizieren sein, so muss weiterhin untersucht werden, ob diese immer und ausschließlich für den deutschen bzw. französischen Kulturraum gelten oder ob es sich lediglich um Tendenzen handelt. In einem weiteren Schritt sollen die Studierenden versuchen, die von ihnen identifizierten Divergenzen vor dem Hintergrund deutscher und französischer Kulturstandards zu interpretieren, die vorher anhand der gängigen Modelle aus der Interkulturalitätsforschung erarbeitet worden sind. In diesem Kontext wird auf die Gefahr der Stereotypisierung hingewiesen, indem die eingeschränkte Repräsentativität der Ergebnisse kritisch reflektiert wird. Schließlich besitzt die Frage nach der praktischen Umsetzbarkeit der Ergebnisse der Studie Relevanz.


Dieses Modell lässt sich zusammenfassend wie folgt darstellen:

1)   Absicherung der Vertrautheit der Studierenden mit den Bestandteilen von Werbeanzeigen und der dazugehörigen Terminologie,
2)   Rezeption der deutschen und französischen Werbeanzeige,
3)   Klärung unbekannter Wörter und Strukturen in der Fremdsprache Französisch,
4)   Identifizierung von Gemeinsamkeiten und Unterschieden in den beiden Sprachen: Erarbeitung dieser in Kleingruppen,
5)   Sammlung der Ergebnisse im Plenum: Systematisierung der Ergebnisse und Erarbeitung eines Analyserasters, das eine systematische, vergleichende Analyse von Werbekommunikaten unter Berücksichtigung der folgenden Fragen erlaubt:

  • Auf welchen Ebenen / in welchen Teiltexten der Werbeanzeige manifestieren sich kulturspezifische Gestaltungsmerkmale?
  • Welche Kommunikationsinhalte, kulturraumbedingten Kommunikationsstile oder visuell-verbalen Gestaltungsmerkmale sind charakteristisch für den französischen bzw. den deutschen Kulturraum?
  • Lassen sich die identifizierten Unterschiede ausschließlich einem Kulturraum zuweisen?
  • Für welche Bereiche haben die Ergebnisse der Studie Relevanz?
6) Entwicklung von Erklärungsmodellen für die identifizierten Unterschiede (Kulturstandards).

Das entwickelte Modell wird in der Folge auf sämtliche Beispielanalysen im Seminar angewendet.


4   Die semiotische Komplexität von Werbeanzeigen

Werbeanzeigen setzen sich aus sprachlichen und bildlichen Elementen zusammen, wobei sich beide Zeichensysteme in einer engen formalen und inhaltlichen Interaktion befinden (vgl. Bucher 2007). Für eine adäquate Analyse muss die Dichotomie zwischen Sprache und Bild aufgehoben werden; diese methodische Grundlage der Werbeanalyse wird zu Beginn des Seminars mit den Studierenden erarbeitet. Werbeanzeigen bzw. Werbekommunikate jeglichen Formats werden als multimediale bzw. multimodale Texte bezeichnet. Multimediale Texte sind solche Texte, in denen

verbale und nonverbale Zeichen sich gegenseitig ergänzen und wechselseitig determinieren können […] und in denen jedes Zeichensystem spezifisch an der Konstitution von Textbedeutung beteiligt ist und der verbale und der nonverbale Textteil erst durch den Gesamttext verständlich werden. (Spillner 1982: 84)

Für die Dekodierung der Werbebotschaft wird der bildliche Anzeigenteil nicht lediglich als schmückendes Beiwerk betrachtet, sondern

[d]ie gesamte Werbeanzeige wird als ein Text aufgefasst, an dessen Konstitution sowohl bildliche als auch verbale Textelemente beteiligt sein können und in der Regel auch beteiligt sind. (Spillner 1982: 92)

Für Werbeanzeigen, die das Materialkorpus für das in diesem Aufsatz vorgestellte Unterrichtsmodell konstituieren, sind lediglich zwei semiotische Zeichencodes relevant: die schriftlich realisierte Sprache und die bildlichen Elemente. Somit kann man hier von Bi-Modalität (bzw. Bi-Medialität) sprechen. In anderen Formaten, z.B. in Fernseh-Werbespots, kommen noch die gesprochene Sprache, Mimik, Gestik, Stimmen und Musik hinzu. In dem gemeinsam mit den Kursteilnehmern entwickelten Analyseraster für den Werbevergleich nimmt daher der visuelle Anzeigentext bzw. das Zusammenspiel zwischen verbalen und non-verbalen Anzeigenelementen einen zentralen Stellenwert ein: Kulturspezifisches manifestiert sich auch (und insbesondere) in der Wahl der Bildelemente.


5   Beispielanalysen

Im Folgenden werden für zwei deutsch-französische Anzeigenpaare systematisch bestehende Unterschiede in Headline, Fließtext und visuellem Anzeigentext herausgearbeitet. Die vorgestellten Ergebnisse beruhen dabei auf den Seminardiskussionen.


5.1  Analyse I: Citroën C3 Visiodrive
                                                             
5.1.1  Die Headlines

Die Headline der französischen Anzeige (Abb. 1) (Nouvelle Citroën C3. Le Visiodrive) informiert den Leser im ersten Teil sowohl über den Hersteller als auch über das konkret beworbene Modell und enthält im zweiten Teil den Zusatz Le Visiodrive. Weiterhin beinhaltet die Anzeige eine Sub-Headline, die den Kraftstoffverbrauch und den geringen CO2-Ausstoß herausstellt. Die zentrale Werbebotschaft (Umweltfreundlichkeit) ist austauschbar und könnte in dieser Form auch von anderen Herstellern verwendet werden; eine unique selling proposition wird nicht kommuniziert.

Anders als in der französischen Headline (Abb. 1) werden in der deutschen Anzeige (Abb. 2) weder die Fahrzeugmarke noch das Modell benannt. Der infinitivische Aussagesatz mit Appellfunktion stellt die Werbeaussage heraus, dass einerseits der Fahrer dank der großen Scheiben eine bessere Sicht hat; darüber hinaus wird auf das Fahrerlebnis, das Kennenlernen neuer Orte durch Reisen mit Hilfe des beworbenen Fahrzeugs hingewiesen. Unterhalb des Bildteils, als Überschrift des Fließtextes, ist eine zweigliedrige Sub-Headline (Der neue Citroën C3. Der Visiodrive) platziert, die eine der französischen Headline identische Struktur aufweist und den Leser über das beworbene Automobil informiert.

Die Studierenden erklärten den unterschiedlichen Stellenwert der Verbrauchs- und Emissionswerte in der deutschen und französischen Anzeige mit unterschiedlich verlaufenen gesellschaftlichen und rechtlichen Entwicklungen in beiden Ländern. Während die Umweltfreundlichkeit in Deutschland bereits vor mehr als zehn Jahren als zentrales verkaufsförderndes Argument für Automobile eingesetzt wurde, spielt dieser Aspekt in Frankreich erst seit einem vergleichsweise kurzen Zeitraum eine Rolle. Die Änderung im Umweltbewusstsein mag dabei von der europäischen Gesetzgebung – der Festlegung einer Obergrenze für Abgaswerte  beeinflusst worden sein. Es wird deutlich, dass kulturelle Normen dem historischen Wandel unterliegen. Weiterhin verweisen die Studierenden auf einen unterschiedlichen Stellenwert des Automobils in beiden Ländern: Während es sich bei dem Auto in Deutschland oftmals um ein Statussymbol handelt, bevorzugen französische Fahrer generell kleinere und damit benzinsparende Fahrzeuge.


5.1.2  Die Fließtexte

Im französischen Fließtext wird der Bereich des Emotionalen sprachlich expliziert: Wichtig sind das Erleben und die Wirkung des Fahrzeugs auf den Fahrer (expérience sensorielle; les sensations de conduite; vivre l’expérience). Ein deutlicher Fokus liegt weiterhin auf dem Design und der Ästhetik des Citroën C3; einzelne Merkmale der Karosserie (design avant-gardiste, un profil athlétique, des courbes avenantes, ergonomie, confort intérieur) werden anhand von Metaphorisierungen und Personifizierungen herausgestellt. Im Vergleich zum deutschen Fließtext wird der bereits in der Headline thematisierte Umweltaspekt wieder aufgenommen (Avec une technologie au service de l’environnement […] son moteur n’émet que 99g de CO2 / km et ne consomme que […]). Das zentrale Verkaufsargument der deutschen Anzeige - die große Windschutzscheibe - wird im französischen Fließtext lediglich zweimal erwähnt (pare-brise und surface vitrée). Was die verbale Interaktion mit den Adressaten angeht, so wendet sich der französische Fließtext zweimal anhand von Personalpronomina bzw. Imperativen an das Zielpublikum ([…] vous invitent à vivre l’expérience; Laissez-vous surprendre).

Im Fließtext der deutschen Anzeige wird durch das Wortfeld des Sehens Textkohärenz geschaffen: Durch ein semantisches Wortnetz (Windschutzscheibe, Panorama-Rundumsicht, Aussichten, Lichtblick) wird der zentrale Produktvorteil aus der Headline aufgenommen und sprachlich ausgestaltet. Designaspekte spielen keine Rolle; hingegen werden gezielt einzelne, auf den Innenraum und das Platzangebot des Fahrzeugs bezogene Ausstattungsdetails, aufgegriffen (Raumkonzept, kompakte Außenmaße, großzügiger Innenraum). Ein weiteres Argument ist der Fahrspaß. Ebenso wird der geringe CO2-Ausstoß erwähnt, der prominent in der französischen Headline platziert ist, im deutschen Beispiel jedoch eine untergeordnete Rolle spielt. Die einzige Form der Adressatenorientierung befindet sich am Ende des Fließtextes, wenn der Rezipient in Form eines Aussagesatzes zur Probefahrt aufgefordert wird (Mehr vom Citroën C3 sehen Sie bei einer Testfahrt oder schon ab € 12.700,-).

Die Studierenden arbeiteten heraus, dass hinsichtlich der nachzuweisenden Kommunikationsinhalte das Verkaufsargument des Designs bzw. der Ästhetik in der französischen Anzeige eine wichtigere Stellung einnimmt als in der deutschen Anzeige, in der die nüchtern-sachliche Auflistung einzelner Produktvorteile zu beobachten ist. Erotisierungen des beworbenen Fahrzeugs bzw. Personifizierungen, wie sie sich im französischen Beispiel nachweisen lassen, liegen im deutschen Beleg ebenfalls nicht vor. Auch die unterschiedlichen Kommunikationsstile wurden  von den Studierenden identifiziert. Zudem wurde festgehalten, dass im Französischen die verbale Interaktion mit dem Zielpublikum im Vergleich zum Deutschen als direkter, expliziter und personalisierter zu charakterisieren ist.


5.1.3  Die visuellen Anzeigentexte

In der französischen Anzeige ist das beworbene Fahrzeug in schwarzer Lackierung abgebildet. In der Windschutzscheibe spiegeln sich Wolken vor blauem Himmel. Diesen visuellen Anzeigenteil brachten die Studierenden inhaltlich mit dem in der Headline angeführten Umweltargument in Verbindung und stellten heraus, dass auf diese Weise Raum für freie Assoziationen des Rezipienten bleibt.

In der Frontscheibe des ebenfalls schwarz lackierten Citroën der deutschen Anzeige ist der Eiffelturm in Regenbogenfarben zu erkennen, während in den Seitenscheiben die Silhouette französischer Bürgerhäuser, wie sie sich am Seine-Ufer befinden, sichtbar ist. Durch die Abbildung eines Nationalsymbols - dem Eiffelturm - wird auf das Eskapismusbedürfnis der deutschen Rezipienten angespielt, die von der französischen Hauptstadt fasziniert sind und diese in der Regel mit nahezu ausschließlich positiven Assoziationen verbinden. Das bewusst offen formulierte Mehr sehen von der Welt in der Headline erfährt somit durch den visuellen Anzeigenteil eine Konkretisierung bzw. Exemplifizierung.

Die Studierenden erkannten, dass im visuellen Anzeigenteil der französischen Anzeige keine nationalen, typisch französischen Elemente abgebildet werden und erklärten dies unter anderem damit, dass der französische Charakter des beworbenen Automobils (la francité) für den deutschen Markt gezielt hervorgehoben werden soll. Positive Attribute, die die Leser mit Frankreich im Allgemeinen und mit Paris im Besonderen verbinden, sollen auf diese Weise auf das Produkt übertragen werden. Die Studierenden merkten zudem an, dass die Abbildung des Eiffelturms in Frankreich vermutlich nicht nur wirkungslos bliebe, sondern abwehrende Reaktionen hervorrufen könnte, da sich aufgrund des immer noch zentralistisch organisierten Staates Paris als Hauptstadt, in der die wichtigsten Institutionen - und damit die gesellschaftliche und politische Macht - angesiedelt sind, in einem Konkurrenzverhältnis zu den Provinzstädten befindet. Schließlich ist Paris für viele Franzosen aufgrund der schwierigen Lebensverhältnisse (z.B. hohe Lebenshaltungskosten, Stress, problematischer Wohnungsmarkt) negativ konnotiert.

Auf das Gesamtkonzept der Anzeige bezogen, wiesen die Kursteilnehmer auf das unterschiedliche Reiseverhalten von Deutschen und Franzosen hin und hoben die Tatsache hervor, dass die Deutschen andere europäische Länder gern im eigenen Auto bereisen.


5.2  Analyse II: BMW X1
5.2.1  Die Headlines

Die französische Headline (Abb. 3) (La joie a toujours la permission de minuit) erlaubt keinerlei Rückschlüsse auf die Produktklasse oder gar das Modell. Hervorgehoben werden die Argumente Freude und Spaß (joie).

Wie die französische Headline lässt das deutsche Äquivalent (Freude ist der schönste Start in den Tag) die Rezipienten hinsichtlich der Produktkategorie, der Marke oder des Modells im Unklaren, jedoch ist anhand des Lexems Freude eine Inferenz aufgrund des langjährigen BMW-Slogans „Aus Freude am Fahren“ möglich (Abb. 4).

Auffällig ist die semantisch diametrale Opposition von Tag in der deutschen und ‚Mitternacht’ (minuit) in der französischen Anzeige. Diese semantische Opposition wird auch in den jeweiligen visuellen Anzeigentexten aufgenommen.


5.2.2  Die Fließtexte

Im französischen Fließtext lassen sich fünf Belege des Lexems joie (‘Freude’) nachweisen. Das Lexem joie wird dabei personifiziert, indem ihm Vorlieben, Gefühle und bestimmte menschliche Verhaltensweisen zugeschrieben werden (la joie n’aime pas faire comme tout le monde. La joie, elle, préfère continuer. La joie aime les aventures. La joie a l’esprit grand ouvert etc.). Das Fahren in dem beworbenen BMW, mit dessen Hilfe unbekannte Stadtteile entdeckt, Sterne beobachtet und im Freien übernachtet werden soll (Partir sur un coup de tête à la découverte d’un quartier encore inconnu, ou même partir un soir à la conquête des étoiles, le coffre chargé d’un téléscope et de sacs de couchage.), wird romantisiert bzw. stark emotional aufgeladen. In erster Linie soll das Fahrzeug dazu dienen, das vor allem in der Nacht angesiedelte Freizeitverhalten angenehmer zu gestalten.

Im deutschen Fließtext hingegen spielen Emotionen und Romantik keine Rolle. Hervorgehoben werden neutrale Ausstattungsdetails bzw. Produktvorteile wie z.B. das Raumangebot, das Design, die Motorisierung und die Sparsamkeit des BMW. Kohäsion wird durch das aus dem Basislexem Freude bestehende Wortnetz (Freude / Fahrfreude / Vorfreude) geschaffen. Im letzten Satz, in dem die Leser zur Einholung weiterer Informationen aufgefordert werden, erfolgt durch das Personalpronomen ein expliziter Adressatenbezug (Mehr bei Ihrem BMW-Partner).
Die erarbeiteten Unterschiede zwischen der deutschen und der französischen Anzeige interpretierten die Studierenden vor dem Hintergrund des unterschiedlichen Stellenwerts der Arbeit - sowie der Arbeitszeiten - einerseits und der Freizeit andererseits in den untersuchten Kulturen: Während die Arbeit in Deutschland in der Regel früh morgens aufgenommen wird, beginnen die Berufstätigen in Frankreich später und verlagern ihre Freizeitaktivitäten entsprechend in den Abend.


5.2.3  Die visuellen Anzeigentexte

Sowohl im französischen als auch im deutschen visuellen Anzeigenteil ist ein in Metallic Braun lackierter BMW X1 abgebildet. Während sich im französischen Beleg aber auf dem Fahrzeug und auf der feuchten Fahrbahn das Mondlicht bzw. das Licht der Straßenlaternen und der Hafenanlagen spiegelt, welche der BMW X1 vom linken zum rechten vorderen Anzeigenrand durchquert, bewegt sich das Fahrzeug im deutschen Beispiel von rechts zum linken vorderen Anzeigenrand; Sonnenlicht glänzt auf dem Fahrzeuglack (wodurch der semantische Kontrast zwischen ‚Tag‘ und ‚Nacht‘, der in den Headlines angesprochen wird, im Bildteil wieder aufgenommen wird).


6   Zentrale Ergebnisse der Arbeit im Seminar

Die Analyse authentischer Werbekommunikate aus Deutschland und Frankreich vermittelte den Studierenden die Erkenntnis, dass sich auch im Zeitalter der Globalisierung Werbekonzepte nicht einfach von einer Ausgangs- auf eine Zielkultur übertragen lassen:

Hochentwickelte Transport- und Informationsnetze haben aus der Welt zwar ein global village gemacht, aber dennoch bleiben tiefe Differenzen. Nach wie vor bestimmen auch in der Europäischen Union kulturelle Traditionen und Bindungen, und damit Unterschiede zwischen den Mitgliedsstaaten, das alltägliche Leben und überwiegen gegenüber der ökonomisch-technischen Standardisierung. (Hahn 2000: 23)

Zum einen wirkt sich die Globalisierung der Warenströme nicht automatisch vereinheitlichend auf die Konzeption von Werbestrategien aus. Zum anderen führt die enge Kooperation zwischen den europäischen Mitgliedsstaaten zu einer stärkeren Ausprägung nationaler Unterschiede (Relokalisierungstendenzen), denen in Werbekampagnen Rechnung getragen werden muss, „[d]enn der europäische Einigungsprozess hat gleichzeitig auch zu einer stärkeren Orientierung hin zu kulturellen, sprachlichen und nationalen Identitäten geführt.“ (Hahn 2000: 23).

Ein wichtiges Ergebnis des Werbevergleichs im Seminar bestand jedoch auch darin, dass sich Belege fanden, in denen sich Form und Inhalt der Werbebotschaft sehr stark ähnelten.
Unterschiede zwischen deutschen und französischen Werbeanzeigen manifestierten sich in allen Teiltexten. Auf der Ebene der Werbeargumente bzw. Kommunikationsinhalte lagen sowohl deutsche und französische Anzeigen vor, in denen exakt die gleichen Produktvorteile unterstrichen wurden, als auch Belege, in denen unterschiedliche Aspekte hervorgehoben wurden. Es zeichnet sich für das Deutsche die Tendenz ab, das Fahrvergnügen und die technische Perfektion des Fahrzeugs zu unterstreichen, während in den französischen Belegen die Sinnlichkeit bzw. die Ästhetik und Emotionalisierung eine größere Rolle spielten. Die Fließtexte waren im Deutschen häufig detaillierter und führten mehr spezifische Ausstattungsdetails an als die französischen Texte.

Im Hinblick auf kulturraumbedingte Kommunikationsstile, insbesondere die Adressatenorientierung betreffend, suchen die Produzenten der französischen Anzeigen häufiger mittels Verbalformen / Imperativen oder Personal- und Possessivprononima die sprachliche Interaktion mit den Rezipienten. Dieses Resultat deckt sich mit den Ergebnissen von Hahns Studie (vgl. Hahn 2000: 32), der dem deutschen Kommunikationsstil eine instrumentale Natur zuschreibt, wohingegen der französische Stil affektive Elemente hervorhebe und auf diese Weise versuche, die Kommunikation durch eine häufige Adressierung des Rezipienten zu personalisieren. An dieser Stelle sei jedoch darauf hingewiesen, dass generalisierende und pauschalisierende Aussagen mit kritischer Distanz zu bewerten sind. So geht Schroeder m. E. zu weit, wenn er für Deutschland und Frankreich von „völlig gegensätzliche[n] Kommunikationsstile[n]“ spricht (Schroeder 1994: 33): Die vorliegende Analyse der Werbeanzeigen hat deutlich gezeigt, dass es problematisch ist, bestimmte Kommunikationsstile in allen Fällen dem „deutschen“ bzw. dem „französischen“ Werbediskurs zuzuordnen. Allgemeingültige Regeln für die untersuchten Sprach- und Kulturräume lassen sich somit nicht aufstellen. Auf die Gefahr der Stereotypisierung wurden die Studierenden im Verlauf des Seminars mehrfach hingewiesen.

Am Ende des Seminars wurde im Plenum über die Anwendbarkeit der erarbeiteten Ergebnisse reflektiert. So wurde beispielsweise angeregt, dass eine kulturvergleichende Analyse von Werbeanzeigen für Werbeagenturen hilfreich bei der Kommunikationsplanung sein und auf diese Weise einen Beitrag zur Textoptimierung leisten kann. Kulturvergleichende Textanalysen können hierbei als Entscheidungsgrundlage für den geeigneten Kommunikationsstil dienen, um eine optimale Adressierung der Zielgruppe zu gewährleisten. Ebenso erscheint beim Abwägen gestalterischer Alternativen im Rahmen der Produktion von Werbetexten der Rückgriff auf Forschungsergebnisse zur kontrastiven Werbeanalyse sinnvoll.


7   Zusammenfassung und Ausblick

Das Lernziel, die Studierenden für kulturelle Unterschiede und divergierende Textsortenkonventionen in der Wirtschaftskommunikation zu sensibilisieren, konnte anhand der systematischen Analyse von Werbeanzeigen erreicht werden. Zugleich konnten die Grenzen der Vorgehensweise im Seminar kritisch reflektiert werden. Aktuell wird das didaktische Modell in einem interkulturell ausgerichteten Seminar im Studiengang „Language and Business Administration“ an der Westsächsischen Hochschule Zwickau weiter entwickelt. Die besondere Herausforderung in der Lehre besteht darin, ein didaktisches Konzept zu entwickeln, das es den Studierenden, die Studienanteile in Betriebswirtschaft, Interkultureller Kommunikation und der französischen Wirtschaftsfachsprache zu bewältigen haben, erlaubt, auf möglichst interessante und authentische Art und Weise Kompetenzen für den kommunikativ angemessenen Umgang mit französischen Geschäftspartnern zu erwerben. In sämtlichen Seminaren müssen daher fremd- / fachsprachliche Inhalte mit Methoden der Interkulturalitätsforschung kombiniert werden. Gegenwärtig wird das Modell mit den Studierenden erprobt, die sich für eine Spezialisierung für den französischen Kulturraum entschieden haben; eine Übertragung auf die weiteren angebotenen Sprachen (Chinesisch und Spanisch) ist jedoch in Planung.

Weiterhin ist vorgesehen, eine kulturvergleichende Untersuchung von Anzeigen vorzunehmen, die unterschiedliche Produktkategorien bewerben, um festzustellen, ob es bestimmte Produktgruppen gibt, die besonders stark unter Berücksichtigung kulturspezifischer Besonderheiten beworben werden. Auch sollten andere multimodale Werbekommunikate, z.B. Werbespots, in die Analyse einbezogen werden, da sich kulturelle Divergenzen in weiteren semiotischen Codes (z.B. die nonverbale Kommunikation durch Mimik und Gestik oder die Stimmqualität betreffend) manifestieren. Beide Aspekte werden im Wintersemester 2011/2012 im Rahmen von studentischen Belegarbeiten erarbeitet.





Bibliographie


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[1] An der Wirtschaftsuniversität Wien müssen die Studierenden, die im Studiengang Internationale Betriebswirtschaft eingeschrieben sind, neben den betriebswirtschaftlichen Inhalten und dem Englischen eine zweite Fremdsprache wählen. Der Studiengang Languages and Business Administration an der Westsächsischen Hochschule Zwickau kombiniert betriebswirtschaftliche und fremd-/fachsprachliche Inhalte und legt einen weiteren Schwerpunkt auf den Bereich der Interkulturellen Kommunikation in Interaktionssituationen des Alltags und Berufs. In den Lehrveranstaltungen wird großer Wert darauf gelegt, die Fachsprachendidaktik mit der Vermittlung interkultureller Kompetenzen zu kombinieren. Als Sprachenschwerpunkte können in Zwickau das Chinesische, das Französische oder das Spanische gewählt werden.
[2]  http://www.funzug.com/index.php/humor/know-your-customer-well-humor.html;
       06.05.2012.