Wissenschaftlicher Sammelband, herausgegeben von Thomas Tinnefeld unter Mitarbeit von Ines-A. Busch-Lauer, Hans Giessen, Michael Langner, Adelheid Schumann. Saarbrücken: htw saar 2012. ISBN 978-3-942949-00-2.


Das Fremdsprachenprojekt PLUS -
Plurilinguale Studierende im Fremdsprachenunterricht an Hochschulen – Zahlen, Fakten, Konsequenzen

Jacqueline May (Stuttgart)



Abstract (English)
The knowledge and experience gained by plurilingual students is of decisive importance for their acquisition of further languages. The more multifaceted students’ linguistic and cultural knowledge and skills are, the more important it will be to identify their individual plurilingual repertoire and potential in view of a systematic linguistic activation and integration of further knowledge, to open up different approaches to language learning, and to actively involve students in the arrangement and evaluation of their learning processes. The present paper illustrates facts and figures on plurilingualism in university language teaching, hints to potential consequences, and describes the experiences gained from the PLUS language project.
Key words: plurilingualism, learning accesses, language learning processes, PLUS (language learning project)


Abstract (Deutsch)
Das Wissen und die Erfahrungen plurilingualer Studierender sind für den Erwerb weiterer Sprachen von entscheidender Bedeutung. Je vielfältiger die sprachlichen und kulturellen Voraussetzungen sind, desto wichtiger ist es, das individuelle plurilinguale Repertoire und Potenzial im Hinblick auf eine systematische sprachliche Aktivierung und Vernetzung zu identifizieren, unterschiedliche Lernzugänge zu ermöglichen und die Studierenden aktiv an der Gestaltung und Evaluierung der Sprachlernprozesse zu beteiligen. In diesem Beitrag werden Zahlen und Fakten zur plurilingualen Situation im Fremdsprachenunterricht an Hochschulen veranschaulicht, Konsequenzen aufgezeigt und die Erfahrungen aus dem Fremdsprachenprojekt PLUS dargelegt.
Stichwörter: Plurilingualismus, Lernzugänge, Sprachlernprozesse, Fremdsprachenprojekt PLUS



1   Die plurilinguale Situation im Fremdsprachenunterricht an Hochschulen

Der überwiegende Teil der Studierenden im Fremdsprachenunterricht an Hochschulen ist bereits plurilingual und determiniert maßgeblich dessen sprachliche und kulturelle Vielfalt:


Abb.1: Übersicht zum Anteil plurilingualer Studierender im Fremdsprachenunterricht
(unterschiedliche Zielsprachen, Zielniveau A1)[1]


Die an der Hochschule gewählte Zielsprache ist vorwiegend die 3. Fremdsprache (L4) oder die 4. Fremdsprache (L5), nicht selten sogar die 5. Fremdsprache (L6) und mehr:





STUDIERENDE



Sprache: Italienisch
WS 09/10
SS 10
WS 10/11
SS 11
WS 11/12
Gesamt
Prozent
MS
0
0
0
0
0
0
0
1. FS
0
3
1
0
0
4
4%
2. FS
0
2
5
4
1
12
12%
3. FS
9
7
12
9
8
45
46%
4. FS
5
4
2
6
9
26
27%
5. FS
2
3
1
4
1
11
11%
SUMME ab 2. FS
16
16
20
23
19
94
96%
SUMME ab 3. FS
16
14
15
19
18
82
84%
SUMME
16
19
21
23
19
98
100%

Tab. 1: Plurilinguale Situation im Fremdsprachenunterricht Italienisch[2]


Trotz der evident hohen Sprachenpräsenz im Fremdsprachenunterricht wird in lernstrategischer und lernökonomischer Hinsicht weder auf das kontextuelle[3] noch auf das individuelle plurilinguale Repertoire und Potenzial (KPRP, IPRP[4]) Bezug genommen.

Der neue Sprachkontext bietet jedoch aufgrund der Reaktivierbarkeit von L2, L3, Ln-Erwerbsmechanismen und zahlreicher Transfermöglichkeiten eine Idealsituation, um das IPRP (und somit das KPRP) maximal mobilisieren und ausschöpfen zu können. Jede Sprachressource hat einen besonderen Status im IPRP. Entsprechend dem Umfang der individuellen Mehrsprachigkeit und der Tatsache, ob die Fremdsprachen simultan oder sukzessiv erworben wurden bzw. werden, kann unterschieden werden in:
  • einfach plurilingual  à 1 (L1) + 2 (Sprachen)
  • komplex purilingual  à 1 (L1) + 3…n (Sprachen)
  • komplex purilingual à 2 x (L1) + 3…n (Sprachen), bei zwei Erstsprachen früher simultaner Erstsprachenerwerb
Der neue Sprachkontext – im engeren Sinne die Kurszusammensetzung - kann somit die unterschiedlichsten plurilingualen Konstellationen aufweisen.


2   Sprachenmenge im plurilingualen FSU

Im Projekt PLUS wird die Mehrsprachigkeit auf drei Ebenen (Mengenebenen)[5] betrachtet, die miteinander agieren, sich beeinflussen und variable Schnittmengen aufweisen. Die Sprachen bilden die Elemente der verschiedenen Mengenebenen, (Sprachmengenebenen):




                                       Abb.2: Sprachmengenebenen im FSU


Dabei gilt:
Sprachmengenebene 1 - plurilingualer Student (PS)
Sprachmengenebene 2 - plurilinguale Kurskonstellation (PK)
Sprachmengenebene 3[6] - plurilingualer Dozent (PD)

Der Plurilinguismus ist auf allen Ebenen jeweils dynamisch und instabil und in den unterschiedlichen plurilingualen Konstellationen variabel und zufällig. Alle im Kurs präsenten Sprachen werden als gleichwertig betrachtet, wobei Englisch keine Sonderstellung einnimmt, und bilden gemeinsam die plurilinguale Gesamtkonstellation.

Die plurilinguale Gesamtkonstellation ist dabei über die maximale gemeinsame Sprachenmenge (Smax) messbar. Sie errechnet sich aus den einzelnen vorhandenen, d.h. zuvor gelernten, Sprachen bei den Studenten (A) und den einzelnen vorhandenen Sprachen beim Dozenten (B), unterschieden nach Muttersprache (MS) und Fremdsprache (FS). Gleiche Sprachen bei Studenten und Dozenten (C) werden nur einmal betrachtet und somit entsprechend abgezogen. Die dazugehörige Formel lautet:

è  Smax = A + B – C


Kurs
Ital. A1 WS10/11 HdM
Sprachen Studierende
13 (A)
Deutsch (als FS und MS, Süddeutschland, Thüringen, Schweiz), Englisch (FS), Polnisch (MS), Französisch (als FS und MS), Rumänisch (MS), Ukrainisch (MS), Russisch (als FS und MS), Spanisch (FS), Kroatisch, (MS), Latein (FS)
Sprachen
Dozent
9 (B)
Deutsch (als MS, Norddeutschland), Tschechisch (MS), Russisch (FS), Spanisch (FS), Englisch (FS), Französisch (FS), Italienisch (FS), Arabisch (FS), Latein (FS)
gleiche Sprachen Student und
Dozent
6 (C)
Deutsch (als MS), Russisch (FS), Spanisch (FS), Englisch (FS),
Französisch (FS), Latein (FS)

               Tab.2: Erfassung der Gesamtsprachenpräsenz in einem Kurs als maximale
                         gemeinsame Sprachenmenge (Smax)  im Hinblick auf die
                         Kombinations- und Transfermöglichkeiten am Beispiel Italienisch[7]

Smax = A + B – C à 13 + 9 – 6 = 16
à maximale gemeinsame Sprachenmenge: 16

Würden auch die vorhandenen Dialekte in Betracht gezogen werden, so ergäbe sich eine Smax von:  20 (15 + 10 – 5 = 20).

Diese Darstellungsweise zeigt, dass die Gesamtheit der im Kurs präsenten plurilingualen Kompetenzen einen relevanten Einfluss auf den Erwerb der neuen und weiterer Zielsprache(n) hat und dass es endlich an der Zeit ist, die Kultur des vielsprachigen Nebeneinanders durch eine Kultur einer gelebten Mehrsprachigkeit abzulösen. (Berthele 2010:225).


3   ALE - unbegrenzter Spracherwerb (?)

Der Spracherwerb erfolgt über die Konfrontation mit der Sprache, vor allem in natürlichen Situationen; dabei ein nicht zu unterschätzender Teil beiläufig. Spracherwerb ist kein linearer Prozess und auch nicht auf eine einzelne Sprache begrenzt, da Elemente aus anderen Sprachen bereits in der Zielsprache vorhanden sind[8]. Bereits Mario Wandruszka (1979) beschreibt die innere Mehrsprachigkeit der Sprachen, deren Nutzbarmachung Ziel der Mehrsprachigkeitsdidaktik ist (z.B. Meißner (1989, 2001), Reinfried (2001), Berthele (2010)).

Das Projekt PLUS will neben der inneren Mehrsprachigkeit der Sprachen beim Spracherwerb auch die individuelle Mehrsprachigkeit (IPRP) und die kontextuelle Mehrsprachigkeit (KPRP) explizit nutzbar machen. Die innere Mehrsprachigkeit der Sprachen, die individuelle und die kontextuelle Mehrsprachigkeit sind dabei keine geschlossenen Systeme. Sie bilden gemeinsam den dynamischen, interagierenden und komplementären plurilingualen Hinweispool, dem sich der Lerner während des Spracherwerbs und zur Entwicklung seiner individuellen lernstrategischen, plurilingualen Kompetenz bedienen kann. Dieser Hinweispool kann - analog zu einer Kategorisierung der Informationsquellen - zur Inferenz[9] differenziert werden in intralinguale, interlinguale und extralinguale Hinweise. Extralinguale Hinweise – also Informationen, die nicht aus dem Fokus auf das Wort selbst resultieren, sondern sich aus dem umliegenden Kontext oder aufgrund des Sprach- und Weltwissens der Lerner ergeben - und interlinguale Hinweise aus anderen Sprachen, bekommen in der plurilingualen Gesamtkonstellation eine dominante Bedeutung.

Der Hinweispool eröffnet dem Lerner unterschiedlichste Transfermöglichkeiten. Transfer ist der Schlüsselbegriff in der Mehrsprachigkeitsdidaktik; Transfer ist immer multidirektional.

 
Die Mehrsprachigkeitsdidaktik unterscheidet fünf relevante Transfertypen:



  • Transfer,
     
    den ausgangssprachlichen
  • den brückensprachlichen
  • den zielsprachlichen intralingualen
  • den interlingualen und
  • den didaktischen (Transfer von Lernerfahrungen)
wobei das Transferpotenzial maßgeblich durch das mehrsprachige Vorwissen geprägt wird (Meißner & Reinfried 2001: 38). Zu Recht formuliert Meißner:

Vieles spricht dafür, dass der didaktische Transfer auf der Grundlage von Erfahrungen nur mit einer einzigen Fremdsprache nicht elaboriert ausgebildet werden kann (…). (Meißner, 2001: 38)

Plurilinguale Lernende verwenden und transferieren vor allem Elemente und Strukturen, die sie als ähnlich einschätzen.[10] 

Je häufiger und offensichtlicher ein sprachliches Element bzw. eine Struktur auftritt, desto automatischer wird es bzw. sie transferiert und memoriert. Erlerntes bleibt länger aktiv, da dem Lerner durch Sprachbezüge, Sprachähnlichkeiten und Transferierbarkeit - auch bei nicht verwandten Sprachen - ein Gefühl von Sicherheit vermittelt wird, welches von Sprachöffnung bis hin zu Sprachexperimenten, Risiken (Bono 2008: S. 157) und Hypothesen (Meißner 2001: S.41 ff.) reicht:

Probanden, deren Vorkenntnisse einen Zugriff auf nahverwandte Sprachen zulassen, zeigen regelmäßig den Entwurf einer Hypothesengrammatik und eines plurilingualen Intersystems. (Meißner, 2001:41)

Häufiger Transfer und plurilinguale Sprachvergleiche rufen bei den Lernern ein déjà-vu–Erlebnis hervor[11] , welches den Sicherheitseindruck seinerseits verstärken kann. Folglich entwickelt sich das Sprachgefühl innerhalb der individuellen plurilingualen Kompetenz.

Die Erfahrung, dass Elemente und Strukturen, d.h. Sprachteilmengen (STM)[12] aus L1, L2, L3, L4 und Ln des individuellen und kontextuellen plurilingualen Repertoires und Potenzials ähnlich oder gleich sind, können positive Transfereffekte maximieren und einen All LanguageEffect (ALE)[13] auslösen:
ALE: STML1 » STML2 » STML3 » STML4 … [14]

ALE kann ausschließlich im plurilingualen Kontext erreicht werden, denn nicht die Häufigkeit des Transfers aktiviert und erweitert individuelle Sprachpotenziale, Erwerbsmechanismen und Lernstrategien, sondern die Breite des transferierbaren Materials aus dem Hinweispool, d.h. die Gesamtsprachenpräsenz im Fremdsprachenunterricht.

Der All Language Effekt kann folglich bezogen sein auf:
  • die aus dem individuellen plurilingualen Repertoire und Potenzial (IPRP) erworbene Erkenntnis:
STML1 » STML2 » STML3 » STML4 …….
  • die aus dem Gesamtsprachenkontext erworbene Erkenntnis:
STM LA » STM LB » STM LC » STM LD » STM[15]
  • und weitere Sprachen, die (noch) nicht zum IPRP gehören.
Diese Erkenntnis und die damit verbundenen Erschließungsmöglichkeiten begünstigen den Erwerb weiterer Sprachen:

Der Zusammenhang zwischen individueller Mehrsprachigkeit und der interlingualen Erschliessungsfähigkeit ist statistisch signifikant. (…) Solche Evidenz ist aber ein klares Argument für die Hypothese, dass ein individuelles mehrsprachiges Repertoire tatsächlich günstig ist für den „Einbau“ von neuen, zusätzlichen Sprachen; zumindest in der ersten (aber oft entscheidenden) Phase des Lernens neuer Sprachen. (Berthele 2010:237)

Wichtig ist es deshalb, bei plurilingualen Studierenden die interlinguale Erschließungsfähigkeit individuell zu entwickeln und zu schulen[16].


4   Konsequenzen für den Fremdsprachenunterricht

Bereits geringe Kenntnisse einer Fremdsprache beeinflussen nachweislich die plurilinguale Sprachkompetenz (Brown 2007), die sich auf einem mehrdimensionalen Kontinuum bewegt.
Aufgrund der Komplexität von Sprache und der Instabilität von Sprachverhalten (u.a. Sprachenwahl im Kontext, Sprachenwechsel und Sprachenmischung) kann die individuelle Sprachkompetenz in einer oder mehreren Sprachen durch ihre Dynamik immer nur unzureichend beschrieben werden. Plurilinguale Kompetenz bedeutet einen flexiblen, den kontextuellen Anforderungen angepassten Gebrauch von Sprachen (und entsprechend von Varietäten).

Es ist wenig sinnvoll, aus der plurilingualen Kompetenz eine Einzelsprache zu isolieren, um sie dann in verschiedene Kompetenzgrade einzustufen und Vergleiche (möglicherweise mit muttersprachlicher Kompetenz) vorzunehmen[17].

Insbesondere ist es bei plurilingualer Kompetenz kritisch zu sehen, Niveaustufen nur einer Sprache in den sechs Kompetenzstufen des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens (GER) festzuhalten, da aufgrund der Variabilität Gesetzmäßigkeiten des Spracherwerbs nicht eindeutig fassbar und in Entwicklungsstadien einordnbar sind und auch interlinguale Kenntnisse hierbei nicht ermittelt werden können. Alle Sprachen des IPRPs unterliegen einer ‚kontinuierlichen Diskontinuität’[18], die bestimmt wird von Zuwachs und Rückschritt und folglich immer wechselnden Kompetenzgraden.

Hinzu kommt als ein weiterer Faktor, dass im Fremdsprachenunterricht an Hochschulen oft nur bestimmte Teilkompetenzen gefordert werden und nach der Erfüllung dieser Anforderungen bewertet wird. Ein adäquates Bewertungs- und Kontrollverfahren, das mit sprachlich vertrauten Lernern mithalten kann und die Vielfalt autonomer Lernformen beachtet, ist somit vonnöten.

Erst die systematische Sammlung und Interpretation aller sprachlich relevanten Informationen, die Einbeziehung von vorhandenem Sprachwissen sowie die Trennung von Lern- und Überprüfungs- (bzw. Test-) Situationen[19] kann die Sprachbewusstheit, die Motivation und somit den Lernfortschritt der Studierenden nachhaltig und wesentlich steigern.

Erforderlich ist somit eine veritable formative Evaluation. Der Begriff formative Evaluation wird hier verstanden als formende zielgerichtete Einschätzung bei der alle Informationen und Beobachtungen der Lehrer und Lerner aus dem Unterrichtsgeschehen genutzt werden, um die Lehr- und Lernvorgänge an die individuellen Bedürfnisse anzupassen. Eine wirksame formative Evaluation (nach Wiliam (2008: S. 1-3) im FSU sollte also wie folgt aussehen: 
  1. Diagnose von Vorwissen und Gestaltung von Lernbelegen
  2. Transparenz der Lernziele und Qualitätskriterien
  3. Aktivierung der Lerner als gegenseitige Lernressource
  4. leistungsbezogene Feedbacks (durch den Lehrer und Lerner)
  5. Qualifizierung der Lerner zur Selbsteinschätzung und Selbstbewertung (selbstregulierendes Lernen).
Im Projekt PLUS wurde zu diesem Zweck das folgende Umsetzungsmodell entwickelt:


Verifizierungsperspektive

Ziele

PLUS-Instrumente (erprobt)


diagnostische Verifizierung

Feststellung von Sprachwissen (IPRP, KPRP), Sprachkontakt, Motivationen, Einstellungen

FB, SKRIPTe, DT

intermediäre Verifizierung

Selbst-, Progressions- und Motivationsregulation, Feststellung produktiver und rezeptiver Kompetenzfortschritte

KT, PA, GPT, SKRIPTe, SAT, AMI, IG, ANIS

finale Verifizierung

Feststellung produktiver und rezeptiver Kompetenz und Zertifizierung

AT, KES, KED,

Tab.3: Komponenten und Instrumente des Projekts PLUS

Die Abkürzungen stehen hier für PLUS–Instrumente und bedeuten im Einzelnen:

FB:    Fragebogen
                                           SKRIPTe: Sprachkursreflexion und individuelle Präsentation von   Teilkompetenzen
DT:     Diagnostiktest / Einstufungstest
KT:     Kurztest
PA:     Partnerarbeit
GPT:  Gegenseitiges Partnertesten         
SAT:  selektierte Aufgabentypen 
AMI:   Arbeitsanweisungen mit Internationalismen
IG:      individuelles Glossar         
ANIS: angeleitetes individualisiertes Selbststudium
AT:     Abschlusstest
KES:  Kursevaluation Studierende
KED:  Kursevaluation Dozent

Durch eine adäquate Evaluation, d.h. die Nutzung und Verifizierung aller Informationen und Beobachtungen im Fremdsprachenunterricht, können die Standards gehoben und eine Zertifizierung PLUS (ZertPLUS) hervorgebracht werden.

ZertPLUS kann die Möglichkeit bieten, das gesamte Sprachwissen (d.h. das individuelle plurilinguale Repertoire), welches sowohl die neue Sprache als auch die bereits vorgelernten Sprachen beeinflusst, und den plurilingualen Kontext aufzuzeigen.

Bislang wird bei einem mehrsprachigen Studierenden, der beispielsweise einen Italienischkurs besucht hat, der plurilinguale Mehrwert komplett ausgeblendet, da ihm nur das jeweilige Kompetenzniveau dieser einen Zielsprache - z.B. Italienisch A2 des GER - zertifiziert wird.  Es kann somit davon ausgegangen werden, dass ein Zertifikat, in dem die neue Zielsprache plurilingual eingebettet dargestellt wird, im Vergleich zu der monolingualen Zertifizierung, einen sehr positiven Effekt sowohl auf die Motivation der Studierenden als auch für den Ausweis von deren fremdsprachlicher Qualifikation hätte.



Bibliographie


Beacco, J.-C. (2007). De la diversité linguistique à l´éducation plurilingue. Guide pour l´élaboration des politiques linguistiques éducatives. Strasbourg: Conseil de l’Europe.

Berthele, R. (2010). Mehrsprachigkeitskompetenz als dynamisches Repertoire – Vorüberlegungen zu einer integrierten Sprachendidaktik. Zürich: Seismo, 225-239.

Bono, M. (2008). Influences interlinguistiques dans l´apprentissage d´une L3. In: V. Castellotti et D. Moore (eds.). La compétence plurilingue: regards francophones. Berne, Peter Lang.

Brown, A. (2007). Crosslinguistic influence in first and second languages. Convergence in speech and gesture. Boston: Boston University.

Carton, Aaron S. (1971). Inferencing: a process in using and learning language. In: Paul Pimsleur / Terence Quinn (eds.). The psychology of second language learning: Cambridge: CUP, 45-58.

De Bot, K. (2004). The Multilingual Lexicon: Modeling Selection and Control. The International Journal of Multilingualism, 1-16.

Grotjahn, R. (2006). Zur Methodologie der Fremdsprachenerwerbsforschung. In: Scherfer, Peter / Wolff, Dieter (Hrsg.). Vom Lehren und Lernen fremder Sprachen: Eine vorläufige Bestandsaufnahme. Frankfurt/M.: Lang, 247-270.

Herdina, P. / Jessner, U. (2002). A Dynamic Model of Multilingualism. Perspectives of Change in Psycholingualistics. Clevedon, UK: Multilingual Matters.

Meißner, F.-J. (1989). Konzepte zur Weiterentwicklung der Mehrsprachigkeitsdidaktik. In: Meißner, F.-J. / Reinfried, M. Mehrsprachigkeitsdidaktik. Konzepte, Analysen, Lehrerfahrungen mit romanischen Fremdsprachen. Tübingen: Narr, 93-108.

Meißner, F.-J. (1999). Das mentale Lexikon aus der Sicht der Mehrsprachigkeitsdidaktik. In: Grenzgänge 6/12, S. 62-80.

Meißner, F.-J. / Senger U. (2001). Vom induktiven zum konstruktiven Lehr- und Lernparadigma. Methodische Schlussfolgerungen aus der mehrsprachigkeitsdidaktischen Forschung. In: Meißner, F.-J. / Reinfried, M., Tübingen: Narr, 21-50.

Meißner F.-J. / Reinfried, Marcus. (Hrsg.) (2001). Bausteine für einen neokommunikativen Französischunterricht: Lernerzentrierung, Ganzheitlichkeit, Handlungsorientierung, Interkulturalität, Mehrsprachigkeitsdidaktik. Tübingen: Narr.

Wandruszka, M. (1979). Die Mehrsprachigkeit des Menschen. München und Zürich: R. Piper & Co. Verlag.

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Selinker, L. / Baumgartner-Cohen, B. (1995). Multiple language acquisition: ‘Damn it, why can’t I keep these two languages apart?’ In M. Bensoussan, I. Kreindler / E. Aogáin (eds.). Multilingualism and language learning: 8/2. Language, culture and curriculum. Clevedon, UK: Multilingual Matters, 115-123.

Shanon, B. (1991). Faulty language selection in polyglots. Language and Cognitive Processes, 6: 339-350.





[1] Befragung im Rahmen des Projekts PLUS – Plurilinguale Studierende über 5 Semester; Sprachen: Italienisch, Französisch, Spanisch, Schwedisch, gesamt 147 Teilnehmer (Studierende der Hochschule der Medien Stuttgart (HdM) und Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald (EMAU))
[2] GER-Niveaus A1, A2, B1; Befragung über 5 Semester, gesamt 98 Studierende, HdM und EMAU)
[3] Das mehrsprachige Lernumfeld (der Kontext) ist nicht auf die Institution bzw. den Ort bezogen, sondern auf die Individuen (zu Mehrsprachigkeit als Eigenschaft von Individuen siehe Beacco).
[4] IPRP ist das sprachliche Repertoire eines Individuums, das es aufgrund seiner persönlichen sprachlichen Sozialisierung aufbaut und aus „sprachlichen Erfahrungsschätzen“ zusammengesetzt ist (s. Berthele 2010: 226).
[5] Der Begriff Menge wird hier als gedankliche Zusammenfassung der jeweils vorhandenen Sprachen verstanden.
[6] Diese Nummerierung ist keine Rangordnung.
[7] Diese Art von Erfassung wurde mittels Befragung (Fragebogen, siehe Anhang) durchgeführt.
[8]  Siehe Spracherwerbsforschung (z.B. Meißner 1989, Herdina & Jessner 2002, Grotjahn 2006)
[9]  Inferieren = Verbindung von neuen Stimuli mit bereits vorhandenen Wissensschemata (Aaron S. Carton, 1971:45)
[10] Vgl. hierzu auch die Studie zu Spanisch als L3 von Bono (2008): „La conscience des équivalences à l’intérieur du réseau lexical (…) semble encourager les apprenants à prendre des risques, à penser que „’ça doit être pareil en espagnol’“. (Bono 2008:157)
[11] Zur Erfassung von Wiedererkennungsraten, vgl. Meißner (1989).
[12] Die Sprachteilmengen können sich auf unterschiedlichste Elemente und Strukturen beziehen, z.B. aus der Grammatik, Phonetik, Syntax, Lexik etc.
[13] ALE: Bei der Begriffsfindung inspiriert von den Ausführungen zum foreign language effect (Selinker & Baumgartner-Cohen 1995: 115 ff.) und last language effect (Shanon 1991: 339 ff.) sowie zur etymologischen und typologischen Verwandtschaft und Nichtverwandtschaft zwischen den Sprachen (de Bot 2004: S.3).
[14] Diese Sprachteilmengen müssen nicht jeweils gleich groß sein.
[15] LA, LB, LC, LD usw. sind hier die unterschiedlichsten Sprachen (z.B. LA = Engl., LB = Italienisch).
[16] Laut Meißner ist „die individuelle Fähigkeit zum interlingualen Transfer weitgehend eine Frage der mentalen Sprachenverarbeitung“ und somit individuell verschieden (Meißner 1999: 64).
[17] Zur idealisierten monolingualen Kompetenz siehe Herdina & Jessner (2002: 106)
[18] Zum diskontinuierlichen Prozess beim Fremdsprachenerwerb vgl. Grotjahn (2006: 247).
[19] Voraussetzung für die formative Evaluation (der Begriff Evaluation umfasst hier alle Formen von Beurteilungs-, Bewertungs- und Diagnoseverfahren).